Viruskrankheiten im Obstbau

Aus Hortipendium
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Auch im Obstbau können Viruskrankheiten erhebliche Schäden verursachen. Diese bestehen in Minderungen des Wachstums, der Erntemenge oder der Fruchtqualität und sind schwierig zu beheben, da eine direkte Bekämpfung der Viren nicht möglich ist. An den steigenden Investitions- und Betriebskosten im modernen Erwerbsobstbau sind sie somit nicht unbeteiligt.

Symptome

Bei Befall vermehren sich die Viren in den Zellen ihrer Wirtspflanzen und lösen so eine Veränderung des Stoffwechsels in ihnen aus. Diese Veränderung führt oftmals zum Auftreten charakteristischer Krankheitssymptome. In manchen Fällen ändert sich der Stoffwechsel jedoch auch ohne sichtbare Folgen. Solch ein latenter Befall kann ebenfalls zu einer Reduzierung der Wuchs- und Ertragsleistung führen.

Bekämpfung

Ist ein Obstball erst einmal von einem Virus befallen, ist es nicht möglich, ihn davon zu befreien. Bei manchen Virosen können die Krankheitserscheinungen jedoch überwunden werden, das heißt, der Baum gesundet äußerlich. Von einer Symptommaskierung spricht man, wenn die Symptome selbst bei günstiger Witterungslage nicht auftreten. Der Baum wirkt somit äußerlich gesund, die Viren verbleiben jedoch trotzdem im Baum und können somit gesunde Bäume infizieren. Von einer erfolgreichen Bekämpfung kann somit nicht gesprochen werden.
Nicht alle virusähnlichen Symptome werden auch wirklich von einem solchen hervorgerufen. Sie können auch durch genetische Anomalien, Nährstoffmangel, ungünstige Standorte oder fehlerhaften Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verursacht werden.
Die einzige wirksame Bekämpfung von Obstviren ist dementsprechend die Vorbeugung. Eine Infizierung der Obstbäume sollte unbedingt verhindert werden. Ein wichtiger Faktor ist hierbei das genutzte Veredelungsmaterial. Es sollte darauf geachtet werden, dass für die Anzucht der Jungpflanzen nur einwandfreies Material verwendet wird.

Viruserkrankungen

Kernobst Steinobst Beerenobst

Die folgenden Viren haben für den Obstbau seit der Einführung des Virusstatus keine Bedeutung mehr:

  • Flachästigkeit
  • Rauschaligkeit
  • Sternrissigkeit
  • Stammfurchung
  • Stammnarbung
  • Spy Epinastie und Verfall
  • Rindenschuppigkeit

Kernobst-Viren

Bei einer vegetativen Vermehrung der Unterlagen, Stammbildner und Edelsorten wird das Virus von der befallenen Mutterpflanze direkt auf die Nachkommen übertragen. Auf diese Weise findet die Infektion mit einem Virus bei Kernobst meistens statt. Lediglich bei der Triebsucht des Apfels und dem Birnenverfall spielen wohl auch Blattsauger eine Rolle bei der Übertragung. Eine natürliche Infektion durch Verwurzelung von gesunden mit befallenen Obstbäumen ist in Europa nur in wenigen Fällen bekannt. Eine Übertragung mit dem Samen gibt es bei Kernobst-Viren nicht.

Steinobst-Viren

Ähnlich wie die Kernobst-Viren werden die Steinobst-Viren meist ebenfalls durch die Verwendung befallener Unterlagen oder Edelreiser auf gesunde Pflanzen übertragen. Jedoch kommen bei ihnen noch weitere Infektionswege hinzu. Die Pfeffinger Krankheit der Süßkirsche wird beispielsweise oftmals von Nematodenarten übertragen. Mit dem Scharka-Virus werden die Obstbäume großteils durch Blattläuse infiziert. Auch Blütenstaub spielt als Infektionsweg bei Steinobst-Viren, wie zum Beispiel den Kirschenflecken-Viren, eine Rolle.

Virustestung

Um gegen Virusinfektionen vorzubeugen, wird im Obstbau stets sichergestellt, dass das Ausgangsmaterial gesund und zur Vermehrung gut geeignet ist. Hierfür wird das Material durch sogenannte Virustests intensiv und oft auch langwierig überprüft und anschließend an isolierten Standorten (Reisermuttergärten) vermehrt. Erst nach dieser Überprüfung und kontrollierten Vermehrung wird das Material an Baumschulen weitergegeben.
Die Virustests können je nach Obstart und Virus unterschiedlich vonstattengehen. Eine Methode ist die Testung durch holzige und krautige Indikatorpflanzen. Des weiteren gibt es serologische und molekularbiologische Verfahren. Bei der Überprüfung von Obstbäumen hat sich herausgestellt, dass latenter Befall vor allem bei Kernobst häufig vorkommt. Auch Mischinfektionen, also ein Befall mit mehreren Viren, treten oft auf.
Liegt ein vollständiger Virusbefall vor, muss durch Wärmebehandlung einzelnder, getopfter Jungpflanzen versucht werden, gesunde Triebspitzen zu erzeugen. Diese werden dann auf gesunde Unterlagen gepfropft und dienen anschließend als Ausgangsmaterial für die künftige Vermehrung.

Rechtliche Regelungen

Die "Verordnung zur Bekämpfung von Viruskrankheiten im Obstbau" wurde 1978 verabschiedet, um die Anzucht, Vermehrung und Abgabe der Obstarten behördlich zu kontrollieren. Im Juli 1998 wurde diese durch die "Verordnung über das Inverkehrbringen von Anbaumaterial von Gemüse-, Obst- und Zierpflanzenarten" (Anbaumaterialverordnung, oder auch AGOZ) ersetzt. Diese beinhaltet einheitliche Anforderungen an das Pflanzenmaterial, die von allen EG-Mitgliedern eingehalten werden müssen. Infolge dieser Verordnung entstanden verschiedene Qualitätskategorien: CAC-Material und zertifiziertes Material. Das CAC-Material (=Conformitas Agraria Communitatis), oder auch Standardmaterial, muss nur durch visuelle Bonitur auf Virus-Infektionen untersucht werden. Das zertifizierte Material muss seinem Namen entsprechend aus einem Zertifizierungssystem stammen, das sich auf die Empfehlungen der EPPO (European Plant Protection Organisation) bezieht. Es muss beim Bundessortenamt eingetragen sein. Des weiteren muss es sowohl virusfrei, als auch virusgetestet sein.

Virusstatus

Die Begriffe "virusgetestet" (VG) und "virusfrei" (VF) beschreiben den Virusstatus einer Pflanze. Virusgetestetes Material muss nachweislich frei von Viren sein, die für die jeweilige Art als wirtschaftlich bedeutsam eingestuft werden. Virusfreies Material hingegen darf mit garkeinem für die jeweilige Obstart bekanntem Virus infiziert sein.
Im folgenden ist aufgelistet, auf welche Viren Apfelsorten für die Bestimmung des jeweiligen Virusstatus getestet werden müssen.

Virusfreies Material:


Virusgetestetes Material:


Bei Birnensorten wird für den Status "virusfrei" auf 8 Viruskrankheiten, für den Status "virusgetestet" auf 4 Viruserkrankungen geprüft. Aprikosen-, Mirabellen-, Pfirsich- und Pflaumensorten werden auf 7 Viren getestet, um als "virusfrei", und auf 5 Viren, um als "virusgetestet" zu gelten. Kirschensorten müssen nur frei von 4 Viren sein, um als "virusgetestet" zu gelten, für den Status "virusfrei" müssen sie jedoch frei von 9 Viruskrankheiten sein.

Quellen

Ilse Urban (1992): Die Bedeutung von Viruskrankheiten im Obstbau. unveröffentlicht. Mainz.