Tabakbau

Aus Hortipendium
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Tabakbau in North Carolina
Tabak-Blüten

Tabakanbau, ein Wort das die Gedanken oft in die weite Welt, nach Übersee, in die USA, nach Sumatra, Brasilien oder in den Orient wandern läßt. Tabakbau in Deutschland dagegen kommt nicht sofort in Erinnerung, denn er ist bis heute der deutschen Öffentlichkeit nicht allzu bekannt, wenngleich er für die Regionen, in denen er angebaut und vermarktet wird, von hoher wirtschaftlicher Bedeutung ist. In der Tat genießen zwar die erwähnten Länder von der Menge her den Ruf klassische Tabakanbauländer zu sein, aber mit dem Begriff" Überseeischer Tabak" ist über seine Beschaffenheit noch nichts ausgesagt. Bestimmte Tabaksorten entwickeln in gewissen Klimazonen der Welt, in Europa und auch in Deutschland spezielle Qualitäten. So gesehen ist es nicht erforderlich, mit Tabakanbau gleich die weite Welt zu verbinden, sondern es ist auch möglich, dieses Kulturgut in der engeren Heimat mit entsprechendem Wert zu finden.

Tabakbau in Deutschland

Tabakanbau wird in zahlreichen Ländern der Bundesrepublik Deutschland betrieben. Die Anbauausdehnung reicht mit unterschiedlichen Schwerpunkten von der südlichen Grenze bei Basel bis nach Flensburg und von Nürnberg bis nach Krefeld. Diese Spannweite zeigt, daß die Tabakpflanze im Bundesgebiet eine größere Verbreitung erfahren hat. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern, Rheinland-Pfalz und Badentemberg befassen sich Landwirte mit dem Anbau von Tabak.

Die Gesamtanbaufläche von 4 000 ha im Bundesgebiet (1975) ist allerdings nicht gleichmäßig verteilt, wie die Aufführung der einzelnen Anbauländer vermuten läßt. In der BRD konzentriert sich der Tabakanbau auf klimatisch besonders begünstigte flußtäler (Süddeutschland) und Niederungen (Norddeutschland). Fast 90% der in Deutschland angebauten Tabake gedeihen in einer der wärmsten Gegenden Deutschlands, in der oberrheinischen Tiefebene mit ihren verschiedenen Seitentälern. Auch im benachbarten Frankreich wird ein bedeutender Tabakanbau im elsässischen Teil der Rheinebene betrieben.

Die nächst größeren Anbauregionen sind Bayern (Nürnberg), Nordwesttdeutschland (Oldenburg), Schleswig-Holstein (Mölln), das Wittlicher Tal, die hessische Bergstraße und der württembergische Raum südlich Heilbronn.

Anbaugebiet Oberrhein

Aufgrund der Tatsache, daß sich am Oberrhein der Tabakanbau und seine Vermarktung konzentriert, prägt die in diesem südwestdeutschen Raum errzeugte Tabakqualität das Gesamtniveau der deutschen Tabake. Dabei ist unverkennbar und daher hervorzuheben, daß alle übrigen mehr oder weniger großen Anbauregionen gleich gute Qualitäten erzeugen können und die Pflanzer dort durch die große Entfernung zum Anbauzentrum sehr häufig mehr Eigeninitiative aufwenden müssen, um erfolgreich Tabak anzubauen, als Pflanzer in der großen Anbauregion des Rheintals.

Das zusammenhängende Tabakanbaugebiet in der oberrheinischen Tiefebene, das hier entsprechend seiner Bedeutung für den deutschen Tabakbau im Mittelpunkt steht, erstreckt sich in einer sehr reizvollen Landschaft in einer Breite von 20 bis 30 km links und rechts des Rheins. Das Anbaugebiet wird im Süden begrenzt durch die deutsch-schweizerische und französische Grenze bei Basel, im Norden von der Linie Darmstadt - Ludwigshafen - Neustadt an der Weinstraße, im Osten durch den Schwarz- und Odenwald und im Westen durch die Vogesen (Elsaß) und den pfälzerwald. Die Randgebirge im Westen und Osten begrenzen den Anbau nicht sehr gradlinig. Er geht dort zum Teil in die hügelige Landschaft als Nachbarkultur zum Weinbau über und dehnt sich häufig in Seitentälern aus.

Die Landschaft erhält ihren besonderen Reiz dadurch, daß sie von zahlreichen Auwäldern durchzogen wird. Einer der größten zusammenhängenden Auwällder Deutschlands ist hier zu finden, der Bienwald, mitten im pfälzischen Annbaugebiet. In diesen Wäldern finden sich vielfältige Wandermöglichkeiten und Angebote zur Freizeitgestaltung. Nicht zuletzt ist hier eine interessante und zum Teil seltene Wild-, Vogel- und Pflanzenwelt zu finden. Die Landschaft wird von den sie begrenzenden Hügeln und Wäldern der Haardt in Richtung Rhein von größeren und kleineren Bachläufen durchzogen. Diese Bäche sind begleitet VOn Wiesentälern, an die sich fruchtbares Ackerland anschließt.

Die Böden der Rheinebene sind meist feine und lehmige Sande auf einer Kiessunterlage. Bedingt durch die hohe relative Luftfeuchtigkeit, verbunden mit günstiger Temperatur, waren diese an sich kargen Böden schon in Urzeiten ackerbaulich genutzt; sie haben einen entsprechend hohen Humusgehalt. Diese humosen Sande bieten günstige, zum Teil sogar ideale Voraussetzungen für die Tabakkultur . Die hier erzeugten Qualitätstabake sind deshalb sehr gefragt.

Hier finden sich auf engstem Raum alle landwirtschaftlichen Kulturarten von Getreide über den Zuckerrüben- und Frühkartoffelanbau bis hin zu sämtlichen Sonder kulturen des Wein-, Obst- und Gemüsebaues mit dem bekannten Sparrgel, und nicht zuletzt dem größten zusammenhängenden Tabakanbaugebiet der BRD. Die Rheinebene, speziell der Teil in dem der Tabak angebaut wird, ist soomit ein für die Bevölkerung wertvoller Nutzgarten mit einem vielseitigen und sorgfältigen Anbau von hochwertigen Lebens- und Genußmittein.

Die Rheinebene als Haupttabakanbaugebiet besitzt durch günstige wirttschaftliche Voraussetzungen auch eine hohe Bevölkerungsdichte. Die landdwirtschaftlichen Betriebe der Tabakpflanzer finden sich, im Gegensatz zum norddeutschen Einzelgehöft, zumeist in größeren Dörfern (Straßen- und Haufendörfer), und ihre Höfe sind weitgehend in fränkischer Bauweise errrichtet. Die Wohnhäuser sind vielfach sehr schmucke Fachwerkhäuser , die aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen, und blumengeschmückt ein spezielles und reizvolles Dorfbild in Südbaden, dem Elsaß und der Südpfalz abgeben. Als klassisches äußeres Zeichen des intensiven Tabakanbaues fallen jedoch am deutlichsten die aus Holz gebauten Tabaktrockenschuppen auf, die das Bild der oft langgezogenen Dörfer bestimmen. Sie sind für das Anbaugebiet geradezu charakteristisch. Sie gehören hier so zur Landschaft wie die Winddmühlen in Holland. Es handelt sich hierbei um aus Holz gebaute, teils auf Pfeilern ruhende Schuppen, die das Wohnhaus und die übrigen Wirtschaftsgeebäude in der Regel überragen. Diese Lufttrockenschuppen gehören zu den Wahrzeichen der süddeutschen und elsässischen Tabakanbaugebiete, die zweifellos dazu beitragen, bei einer Fahrt durch die Landschaft zu erkennen, in welch starkem Maße der Tabakanbau hier betrieben wird und wie er die Sieddlungsform und das ganze Dorfbild prägt. Zweifellos eine Bereicherung der Landschaft am Oberrhein.

Sehr harmonisch wird die positive Zusammensetzung des Bodens und die Oberflächengestaitung durch das milde Klima ergänzt. Hier in der Rheinebene fühlt sich der Tabakanbau in Gemeinschaft mit den übrigen wärmeliebenden Kulturern, insbesonder der Weinrebe, sehr heimisch. Das Haupttabakanbaugeebiet liegt in der warmen Rheinniederung auf einer nur geringen Meereshöhe von knapp 100 bis 200 m über NN, und überdies halten die Randgebirge des Schwarz- und Odenwaldes die kalten Nord- und Ostwinde ab.

Aufgrund der günstigen Voraussetzungen von Boden und Klima wird dieser Landschaftsteil der BRD oft als "pflanzenbauliches Paradies" bezeichnet.

Quelle

Theo Seibert, Günter Hechler (1976): Tabakbau in Deutschland. Pfälzische Verlagsanstalt GmbH. Neustadt/Weinstraße.