Spindelerziehung Süßkirschen

Aus Hortipendium
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Schematische Darstellung eines Knip-Baums

Bei der Erziehung der Süßkirschen zur Spindel sind folgende Punkte charakteristisch:

  • Baumhöhe 1,80 – 2,00 m
  • Ausgeprägte Verringerung des Stammdurchmessers
  • Mindestens 4, besser 6-8 Seitentriebe, die mehr als 40 cm lang sind (rechtwinklig abgehend im Stammbereich von 70-90 cm)
  • Stammhöhe bis zur untersten Verzweigung: 70-80 cm
  • 20 mm Durchmesser über der Veredlungsstelle
  • Höhe der Veredlungsstelle: 25 cm
  • Wurzeln frei von Agrobacterium, nicht ausgetrocknet

Spindelerziehung im ersten Jahr

Spindelerziehung – Terminal- und Seitentriebe im 1. Jahr, Pflanzung
  • Wenn der Terminaltrieb zu stark ist, ca 60-80 cm über der obersten Verzweigung anschneiden, sonst kein Anschnitt
  • Terminaltrieb: Die oberste Knospe wird für die Stammverlängerung benötigt, die darunterstehenden 6 Knospen werden kurz vor der Blüte abgebrochen. Je niedriger die Seitenknospe, umso schwächer und flacher der seitliche Austrieb
  • Seitentriebe, die tiefer als 70 cm vom Boden aus abgehen, werden weggeschnitten. Zu steile Triebe werden knapp über die Waagerechte gebunden. Ziel: Mindestens 4, besser 6 Gerüstäste. Hängende oder zu dünne Gerüstäste werden mindestens auf die Hälfte zurückgenommen
Spindelerziehung – Seitentriebe im ersten Jahr, Mitte April bis Mitte Mai
  • Neue Seitentriebe werden bei 5-10 cm Trieblänge mit Wäscheklammern waagerecht gedrückt
  • Der Termin ist wichtig! Zu früh: Triebbremse. Zu spät: kein waagerechter Abgangswinkel mehr erreichbar
Spindelerziehung – Baumerziehung August oder Ende des nächsten Winters
  • Anschnitt des Terminaltriebes, wenn er länger als 75 cm ist
  • Abbrechen der oberen Knospen unterhalb der Terminalknospe (siehe Vorjahr)
  • Seitentriebe oberhalb des Grundgerüstes werden unter die Waagerechte gebunden (Betongewichte, Gummis, Max-Zange o.ä.)
  • Korrektur des Seitenastwinkels im Grundgerüst durch Binden (leicht über die Waagerechte)
  • August oder Ende des nächsten Winters

Spindelerziehung ab dem zweiten Jahr

  • Kein Binden und keine Wäscheklammern mehr
  • Spindelform wird allein durch Schnitt erzielt
  • Höhenbegrenzung durch Ableiten auf einen fruchtbaren Seitenast (erstmalig in einem Jahr mit vollem Behang, dann Ende Mai oder nach der Ernte)
  • Wenn notwendig, werden zu starke Äste im Grundgerüst über lange Zapfen entfernt (Zapfenlänge: mindestens das 5-fache des Durchmessers)
  • Schnitttermin: Bei wüchsigen Bäumen im August, bei schwachwüchsigen Bäumen, v.a. auf schwachwuchsinduzierenden Unterlagen, im Februar und März


Kerben zur Verzweigungsförderung

Kerbschnitt über dem Auge reizt infolge des Assimilat-Staus untergeordnete Seitenknospen zum Austrieb

Bei engen Abständen wird man einen überlangen Terminaltrieb eher durch Kerben als durch Rückschnitt zur Verzweigung bringen. Bei gut verzweigenden Sorten wie ‚Kordia‘, ‚Regina‘ und ‚Schneiders‘ ist diese Maßnahme generell nicht notwendig, da selbst aus mehrjährigem Holz immer wieder Austriebe erfolgen. Problematischere Sorten sind eher ‚Earlise‘, ‚Samba‘, ‚Sylvia‘ oder ‚Skeena‘. In der Winterruhe wird über den Seitenknospen, die austreiben sollen, ein Stückchen Rinde entfernt. Zweckmäßigerweise nimmt man hierfür eine kleine Eisensäge, da der Zeitaufwand mit einem Messer zu groß ist. Wie beim Baumschnitt sollte auf trockenes Wetter geachtet werden, ein anschließendes Besprühen mit einem Kupferpräparat ist sinnvoll. Die Wirkung des Kerbens ist umso schlechter, je später es im Jahr durchgeführt wird und je schlechter die Wüchsigkeit des Baumes ist. Also ist es besser, erst im Winter nach dem Pflanzjahr zu beginnen.

Vermeidung der Überbauung bei jungen Spindel-Bäumen vom 1.-3. Blatt

Angeschnitten oder nicht – die obersten Knospen machen den kräftigsten Trieb. Bei 1 – 3 jährigen Bäumen besteht sehr schnell die Gefahr der Überbauung, da das Grundgerüst im Pflanzjahr in der Regel nur schwach wächst. Werden die diesjährigen, grünen Konkurrenztriebe bei einer Länge von 20 – 30 cm mit der Schere auf 5 – 10 mm wegpinziert, reagiert der Baum folgendermaßen (abhängig von Sorte, Unterlage, Standort und Jahr):
Entweder durch erneuten Durchtrieb eines schwachen, flachen Triebes mit Blütenknospen an der Basis, der der Stammgarnierung dient
Oder durch Ausbildung eines Kurztriebes (Buketttrieb).
Beide Reaktionen helfen, das Spitzenwachstum durch erhöhte Fruchtbarkeit zu bremsen und das Grundgerüst durch gute Belichtung vital zu halten.

Auch die Seitenäste sind Spindeln. Im Prinzip kann man mit ihnen genau so verfahren, auch wenn die Notwendigkeit nicht immer so gegeben ist, wie beim Mitteltrieb.

Quellen und Einzelnachweise

  • M. Balmer, J. Lorenz (2010): Intensivierung im Tafelkirschenanbau. DLR Rheinpfalz, Kompetenzzentrum Gartenbau. Rheinbach. 
  • Winter, F. (1992): LUCAS‘ Anleitung zum Obstbau.. Verlag Eugen Ulmer. Stuttgart..