Rindenhumus
Rindenhumus: Produktion und Verwendung
Rindenhumus ist zerkleinerte, kompostierte Rinde. Er wird sowohl als Ausgangsstoff für gärtnerische Erden als auch als Bodenhilfsstoff eingesetzt.
Ausgangsmaterial für Rindenhumus ist in der Regel Nadelholzrinde, entsprechend der Region Fichte oder Kiefer. Im Bundesdurchschnitt überwiegt die Fichte deutlich. Beim Schälen im Sägewerk bleibt neben der reinen Borke (Cortex) immer auch etwas des sich nach innen anschließenden Bastanteils (Phloem) oder gar Holz hängen. Die Produktion von Rindenhumus als Zuschlagstoff für gärtnerische Erden in Deutschland beruht auf den frühen Arbeiten diverser Wissenschaftler und Praktiker (z.B. Zöttl, Browa, Grantzau, Meinken), die 1981 zur Gründung der Gütegemeinschaft Rinde im Pflanzenbau führte (heute Gütegemeinschaft Substrate für Pflanzen e.V.). Nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, wie z.B. die Verwendung von unreifem Rindenhumus, sind in Deutschland durch aufwändige Produktionen Materialien mit hervorragenden Eigenschaften als Substratausgangsstoff zu erhalten. Aber nicht jede dunkle, fein abgesiebte Rinde ist ein für die Erdenherstellung geeigneter Rindenhumus. Während in Nordamerika und zum Teil auf der iberischen Halbinsel beispielsweise auch nicht oder nur wenig kompostierte, feine Absiebungen der dort heimischen Nadelhölzer als Zuschlagstoff in Baumschulsubstraten Verwendung finden, muss ein als Rohstoff geeigneter Rindenhumus bei uns ein platz- und arbeitsintensives Verfahren durchlaufen. Diese abweichenden Aufbereitungs- und Anwendungsprozesse liegen an den unterschiedlichen Inhaltsstoffen der Rinden verwendeter Baumspezies (Mediterrane Pinien). Ausgangsmaterial ist die in den Produktionsbetrieben anfallende oder angelieferte Rohrinde. Schon hier gibt es deutliche Qualitätsunterschiede (Putzrinde, Holzanteil etc.).
Da frische Rinde im Vergleich zu abgelagerter Rinde nur unter höherem Energieaufwand zerkleinert werden kann, wird die Rohrinde zur sogenannten Vorrotte gelagert. Durch mikrobiologische Aktivität erwärmt sich die Miete. So kann Wasser verdunsten, wuchshemmende Verbindungen wie Phenole, Tannine und andere Gerbstoffe werden abgebaut und der Bastanteil wird durch Abbau verringert. Nach der mehrere Wochen dauernden Vorrotte kann die Rohrinde zerkleinert und weiterverarbeitet werden. In der Regel erfolgt jetzt eine Trennung der Korngrößen über ein Siebsystem. Das C:N-Verhältnis (Verhältnis von Kohlenstoff (C) zu Stickstoff (N)) beträgt in diesem Stadium ca. 90:1, es wird bis zum Stadium des substratfähigen Rindenhumus durch Aufschluss der Kohlenstoffquellen auf 30:1 oder darunter gebracht. Fein abgesiebte Rinde (0-10mm oder 0-20mm) wird mit 1-2 kg Harnstoff (CO(NH2)2, 46% N) oder auch einem Volldünger angereichert und in Trapezmieten von maximal 4m Höhe aufgesetzt. Der Harnstoff dient als sofort verfügbare Stickstoffquelle für die Mikroorganismen, die den Umbau der Rinde in pflanzenverträglichen Dauerhumus beschleunigt. Dabei steigt durch die Tätigkeit der Mikroorganismen die Temperatur des Materials auf bis zu 65°C an, wobei der in den Luftporen vorhandene Sauerstoff verbraucht wird. Durch Wasserzugabe bei der Mietenbildung wird der ideale Wassergehalt von 65-70% eingestellt. Dieser Wassergehalt sollte im Verlauf der Fermentierung durch Bewässerungen der Mieten aufrechterhalten werden soweit erforderlich. Idealerweise wird die Temperatur des Mietenkerns als Maß der Mikroorganismentätigkeit überprüft, um bei absinkenden Temperaturen die Miete umzusetzen und somit zu belüften. Dies geschieht meistens mit werkseigenen Radladern. Bei geringerer Mietenhöhe ist auch das Umsetzen mit speziellen Mietenumsetzern möglich. Durch den somit wieder erhöhten Sauerstoffgehalt setzt eine erneute Zunahme von Mikroorganismentätigkeit verbunden mit einem erneuten Temperaturanstieg ein. Dieser Vorgang muss je nach Mietenhöhe, Ausgangsmaterial und Fermentierungsbedingungen ca. 6-9 Mal wiederholt werden. Phenolische Substanzen und Harze werden in der ersten Phase zersetzt, im Laufe der weiteren Kompostierung wird aus der feinen Rohrinde ein tiefdunkler Dauerhumus. Je nach Mietentemperatur sind unterschiedlich temperaturbedürftige Mikroorganismen an der Umsetzung beteiligt.
Um von einem reifen Rindenhumus sprechen zu können, der als substratfähiger Zuschlagstoff geeignet ist, gibt es einige wichtige Parameter, die unbedingt eingehalten werden sollten. Hier ist in erster Linie die Stickstoffimmobilisierung (Aufgrund von Mikroorganismentätigkeit) von Bedeutung.
Durch die Abbauprozesse des als Nahrungsgrundlage für Mikroorganismen dienenden, organischen Materials, steigt die Biomasse der zersetzenden Pilze und Bakterien stark an. Zur Aufbau der „körpereigenen“ Masse benötigen die MO´s Stickstoff. Dieser stammt aus dem Harnstoff oder dem bei der Zersetzung der Rinde mineralisierten organischen N-Fraktionen. Erst wenn die abbaufähige Substanz verwertet ist und ein sogenannter Dauerhumus mit schwer erschließbaren Kohlenstoffquellen entstanden ist, stellt sich ein Gleichgewicht ein und die Umsetzungsrate sinkt stark ab. Die Temperatur sinkt und steigt auch nach weiterer Umsetzung nicht wieder wesentlich an. Derartiges Material setzt auch nach Stickstoffzugabe nur in sehr geringem Maß durch die Mikroorganismentätigkeit wieder Stickstoff fest – d.h. das Material wird von MO´s nicht weiter zersetzt. Der Grenzwert dieser N-Immobilisierung ist bei der Verwendung von Rindenhumus als Substratzuschlagstoff von Bedeutung und wird bei der RAL-Gütesicherung überprüft. Der Wert liegt bei einer maximalen Stickstoff-Immobilisierung von 120 mg/l . Sehr ausgereiftes Material kann auch N freisetzen, wenn die Mikroorganismenpopulation abstirbt und durch den Abbau Nährstoffe wieder freiwerden (Mineralisierung).
Für einen verlässlichen Rohstoff ist es wichtig, dass diese Nährstoffdynamik nicht zu stark ist und die Schwankungen nicht zu groß sind. Nur möglichst homogene Materialien mit gleichbleibenden Eigenschaften lassen sich in der Substratproduktion problemlos verwenden und gewünschte Nährstoffgehalte in dem Materialmix eines Substrates einhalten.
Bei der Aufbereitung von Rinden mit Hilfe von natürlich vorkommenden Mikroorganismen spricht man eigentlich von Fermentierung, da der Begriff Kompostierung nahe legt, das es sich um ein Materialgemisch handelt – was hier nicht der Fall ist. Allerdings wird der Begriff Fermentierung häufig für biologische Produktionsprozesse unter streng kontrollierten Bedingungen und gezielter Impfung mit Mikroorganismen verstanden, weshalb der Begriff Kompostierung – besonders in Übersetzungen – auch bei der Rindenhumusproduktion verwendet werden kann und dieser auch besser verstanden wird.