pH-Wertveränderung

Aus Hortipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche
Hauptartikel: Boden- und Substrateigenschaften
Regulation pH-Wert während der Kultur
Der pH-Wert bleibt in der Regel während der Kulturzeit nicht konstant, sondern ist Veränderungen unterworfen. Das Ausmaß wird im wesentlichen durch Düngung, Wasserqualität und Pufferung des Substrats beeinflusst. Negative Folgeerscheinungen einer pH-Wertveränderung sind in Abhängigkeit von der Kulturdauer zu erwarten. Bei langer Kulturzeit treten Probleme eher auf, während die bei Topfkulturen meist kurzen Kulturzeiten weniger kritisch zu sehen sind.
Allen Gärtnern bekannte Erscheinungen sind, dass z.B. Primeln im Laufe der Winterkultur gelbe Blätter bekommen, oder Hortensien lila Farbtöne zeigen, anstatt blau zu werden. Diese Erscheinungen sind vermeidbar. Die Ursachen können in einer pH-Wert bedingten Festlegung von Eisen (Primeln), bzw. Aluminium (Hortensien) liegen. pH-Wertveränderungen während der Kulturzeit beeinträchtigen das Pflanzenwachstum, auch wenn keine sichtbaren Schäden auftreten. Ein solcher vermeidbarer latenter Mangel ohne Symptome vermindert Wachstum und Qualität, da die Pflanzen kümmern. Der in diesen Fällen erfolgte Anstieg des pH-Werts ist häufig eine Folge harten Gießwassers, wobei die Carbonathärte ausschlaggebend ist. Diese beeinflusst neben der Stickstoffdüngung den pH-Wert im Kulturverlauf am stärksten. Ein Schlüssel zum Kulturerfolg sind stabile pH-Werte während der Kulturzeit, da sie einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsproduktion liefern. Dann wird das Pufferungsvermögen des Substrats erst beim Endverbraucher beansprucht und nicht bereits in der Gärtnerei.

Ursachen

Eine Veränderung des pH-Werts im Kulturverlauf wird im wesentlichen durch folgende Kriterien verursacht:

Düngungshöhe: bei hoher Nachdüngung ist mit einer ausgeprägten Absenkung des pH-Werts zu rechnen, da die Pflanzen überwiegend Kationen aufnehmen. Dieser Abwärtstrend tritt umso deutlicher hervor, je länger die Kulturzeit ist und je weniger Kalk mit dem Gießwasser zugeführt wird. Mit abnehmender Düngerzufuhr verringert sich die pH-Absenkung.

Wassermenge: bei üblichen pH-Werten des Gießwassers von 5,5 bis 7 besteht der Trend zur Versauerung. Die Wassermenge ist abhängig von der Pflanzenart, Kulturdauer und Witterung.

Pufferungsvermögen: ist die Ursache für in späteren Kulturabschnitten einsetzende pH-Veränderungen.

Wasserhärte: entscheidend ist die Carbonathärte, die mit steigenden Gehalten zu einer Anhebung des pH-Werts führt.

Ammonium-Nitrat-Verhältnis des ausgewählten Düngers: ist neben der Wasserhärte die wichtigste Einflussgröße auf die pH-Veränderung.


Der pH-Wert in Substraten ist nur zu beherrschen, wenn zwei wichtige Größen beachtet werden. Das sind die Stickstoffkonzentration der Nährlösung unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Ammonium und Nitrat und die Carbonathärte. Nur so ist ein Konzept zur Korrektur der Wasserhärte zu entwickeln.

Erfreulicherweise gibt es mehrere Rezepte für die Stabilisierung des pH-Werts, jeder Betrieb kann problemlos ein eigenes für sich passendes zuschneiden. Folgende Gesichtspunkte müssen für die Erstellung eines Gesamtkonzepts berücksichtigt werden:

  1. Das Düngungssystem spielt eine zentrale Rolle. Bewässerungsdüngung anstelle Intervalldüngung ist eine wesentliche Voraussetzung
  2. Die Carbonathärte muss bekannt sein. Zur Feststellung ist die Messung mit einem Schnelltest ausreichend. Bei sehr hartem Wasser sollte die Härte bereits vor dem Herstellen der Nährlösung durch Verschneiden abgesenkt werden.
  3. Die Düngung muss bedarfsgerecht durchgeführt werden, d.h. die Nährlösungskonzentration ist dem Pflanzenentzug anzupassen.
  4. Ausschlaggebend ist die Stickstoffkonzentration der Nährlösung, da im wesentlichen über die Stickstoffform die Wirkung der Carbonathärte ausgeschaltet wird. Die vorhandene Carbonathärte entscheidet über das Ammonium-Nitratverhältnis.


Carbonathärte

Die Carbonathärte gibt den Gehalt von Hydrogencarbonat (HCO3-) als Säurekapazität (SBV) in mmol/Liter bzw. in ° dHKH an und beeinflusst neben der Stickstoffdüngung den pH-Wert im Kulturverlauf am stärksten. Hartes Wasser ist reich an HCO3-, daher ist mit einem pH-Anstieg zu rechnen, während carbonatarmes (→weiches) Wasser eine Versauerung begünstigt.

Beide Angaben sind ein Maß für die Konzentration an Hydrogencarbonat (HCO3-)-Ionen und umrechenbar:
mmol/l HCO3 x 2,8 = °dHKH

oder in umgekehrter Richung:
mmol/l HCO3 = = °dHKH x 0,36


Der Grenzwert für die Carbonathärte, bei dem sich der pH-Wert im Substrat nicht verändert, ist 5° dHKH, wenn die Stickstoffdüngung über Nitrat geschieht [1]. Abb. 2 zeigt eine schematische Darstellung des Einflusses der Carbonathärte auf die Veränderung des pH-Werts.

Veränderungen des pH-Wertes
Hohe Carbonathärte (hartes Wasser) bedingt eine Anreicherung von Calcium-Ionen im Substrat, die in der Regel keine negativen Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum hat, aber das gleichzeitig mitgelieferte Hydrogencarbonat führt in jedem Fall zu einer pH-Werterhöhung. 1° dH Carbonathärte liefert ca. 18 mg CaCO3/l. Das Ausmaß der Erhöhung ist wiederum abhängig vom Pufferungsvermögen des Substrats.

Die negative Folge hoher Carbonathärte ist die Festlegung vieler Spurenelemente (besonders Eisen und andere Schwermetalle sowie Bor), die zu Mangelerscheinungen führen kann. Diese sind kurzfristig nur mit Blattspritzungen zu beheben.

Weiches Wasser, d.h. Wasser mit niedriger Carbonathärte hat die umgekehrte Wirkung, es kommt zu einer pH-Absenkung im Substrat. Hierbei geht eine Reihe von Elementen verstärkt in Lösung (besonders Spurenelemente wie Eisen und Mangan), so dass für die Pflanze toxische Konzentrationen entstehen können. Bei Rindensubstraten ist zu beachten, dass bei niedrigem pH-Wert (< pH 6) verstärkt Mangan freigesetzt wird. Zunächst hemmt das gelöste Mangan die Eisenaufnahme, in höheren Konzentrationen wirkt es für die Pflanze giftig.

Die zeitliche Wirkung des pH-verändernden Einflusses muss auch in Zusammenhang mit der Pufferung des Substrats gesehen werden. Je besser ein Substrat gepuffert ist, umso länger bleibt der pH-Wert konstant.

Stickstoffdüngung

Da die Stickstoffform im Wesentlichen den Verlauf des pH-Werts beeinflusst, kann der Grenzwert von 5° dH für die Carbonathärte, bei dem der pH- Wert sich kaum verändert, in der Praxis vor allem über die Stickstoffdüngung eingestellt werden. Die mineralische Düngung geschieht in der Regel als Ammonium (NH4+) über schwefelsaures Ammoniak (21 % N), als Nitrat (NO3-) über Kalksalpeter (15,5 % N), als Gemisch mit gleichen Anteilen beider Formen als Ammoniumnitrat (NH4NO3), in unterschiedlichen Anteilen beider Formen in den üblichen Mehrnährstoffdüngern oder in organischer Form als Harnstoff.

Die Stabilisierung des pH-Werts steht in Zusammenhang mit der Ammonium-Konzentration in der Nährlösung. Da ein Hydrogencarbonat-Ion durch ein Ammonium-Ion neutralisiert wird, muss die NH4-Konzentration in mmol/l so viel von der HCO3-Konzentration in mmol/l beseitigen, dass noch eine Carbonathärte von 5° dH übrig bleibt, damit der pH-Wert sich nicht verändert. Ist die NH4-Konzentration so hoch, dass die HCO3-Konzentration unter 5° dHKH liegt, sinkt der pH-Wert. Zum Anstieg des pH-Werts kommt es, wenn die NH4-Konzentration nicht ausreicht, um die HCO3-Konzentration auf 5° dHKH zu senken.

Somit lässt sich auch mit der Stickstofform der pH-Wert des Substrats korrigieren. Bei zu hohem pH-Wert geschieht die Absenkung mit Hilfe von Ammonium (physiologisch saure Wirkung), bei Versauerung die Anhebung über Nitrat (physiologisch basische Wirkung). Betriebe, die mit pH-Wertveränderung während der Kulturzeit Probleme haben, können mit der Düngerauswahl entgegensteuern.

Physiologisch sauer wirken: Mehrnährstoffdünger mit höherem Ammonium- als Nitratanteil, Einzeldünger wie z.B. schwefelsaures Ammoniak und Ammoniumnitrat

Physiologisch alkalisch wirken: Mehrnährstoffdünger mit höherem Nitrat- als Ammoniumanteil, Einzeldünger wie z.B. Kalksalpeter

Die starke Versauerung des Substrats bei Düngung mit Ammonium-Stickstoff beruht einserseits auf der mikrobiellen Umsetzung von Ammonium- in Nitratstickstoff. Diese Nitrifikation verläuft innerhalb weniger Tage, gefördert durch pH-Werte über 6, ausreichende Substratfeuchte bei guter Durchlüftung und Temperaturen zwischen 20 bis 25° C in zwei Schritten ab. In der ersten Stufe entstehen die für die saure Wirkung verantwortlichen Wasserstoffionen.

1.Schritt:
NH4+ + 1 1/2 O2 NO2 - + H2O + 2 H+ pH-Absenkung Nitrosomonas

      Ammonium      Sauerstoff           Nitrit                         Wasserstoff

2. Schritt:
NO2- + 1/2 O2 → NO3- Nitrobacter

Eine zweite Ursache für die Senkung des pH-Werts liegt darin, dass die Pflanze einen Teil des gedüngten Ammoniums über die Wurzel aufnimmt und dafür äquivalente (ladungsgleiche) Mengen H+-Ionen abgibt. Für ein positiv geladenes NH4-Ion gibt die Pflanze entsprechend ein positiv geladenes H-Ion ab. In der Regel ist wegen der wesentlich höheren Aktivität der Bodenbakterien die Nitrifikation vorgeschaltet, so dass die Pflanzen auch bei Ammonium-Düngung vorwiegend Nitrat aufnehmen.
Theoretisch müsste eine reine Nitraternährung den pH-Wert im Substrat bis zum Kulturende stetig erhöhen, da die Pflanzen bei Nitrataufnahme HCO3-Ionen über die Wurzeln abgeben. Das ist aber nur in begrenztem Umfang der Fall, da für die aufgenommenen Nitrat-Ionen nicht äquivalente Mengen HCO3 -Ionen, sondern erst für mehrere Nitrat-Ionen ein HCO3 -Ion abgegeben wird. Ein Teil der anfallenden HCO3 -Ionen wird im Stoffwechsel weiter verwertet und zum Aufbau von höherwertigen organischen Säuren verbraucht und wird deshalb nicht pH-wirksam. Über den Anteil verbrauchter und abgegebner HCO3 -Ionen kann keine Angabe gemacht werden. Die Auswirkung von Nitrat-Stickstoff ist somit deutlich geringer als die von Ammmonium-Stickstoff. Außerdem ist zu bedenken, dass handelsüblicher Kalksalpeter etwa 1,2 % Stickstoff in Form von Ammonium enthält. Diese geringe Menge reicht aus, um den pH-erhöhenden Effekt der Nitraternährung teilweise zu kompensieren [2]. Auch ist beim Einsatz von Ammonium-Nitrat keine neutrale, sondern eine deutlich saure Wirkung zu erwarten. Harnstoff ist in diesem Zusammenhang wie Ammonium-Nitrat zu bewerten.
HCO3 -Ionen liegen meist im Kombination mit Calcium-Ionen vor. Mit zunehmender Carbonat-härte steigt die Konzentration beider Ionen. Weiter zu beachten ist auch der Zusammenhang zwischen Carbonathärte und Salzgehalt. Wasser mit niedriger Carbonathärte ist immer salzarm, mit steigender Härte nimmt auch der Salzgehalt zu.
Die Auswirkungen der Stickstoffformen auf den durchschnittlichen pH-Wert eines Topfes bei Poinsettien zeigen die Abb. 3 bis 5.


Nitraternährung verändert den pH-Wert kaum. Das bestätigt die These, dass bei Verwendung von Regenwasser oder wie in diesem Versuch von salzarmen Stadtwasser der pH-Wert des Substrats nicht wesentlich verändert wird.
Die Pflanze bildet bei Nitraternährung HCO3-Ionen. Da nur ein Teil davon abgegeben und der Rest im pflanzlichen Stoffwechsel verwertet wird, unterbleibt die pH-verändernde Wirkung. Ammoniumernährung senkt den pH-Wert, da mit den verwendeten Düngern mehr Ammonium in die Nährlösung gelangte, als zur Neutralisation von Hydrogencarbonat benötigt wird.

Nitrat- und Ammoniumnitrat-Ernährung sorgen für konstante pH-Werte, wobei Nitrat zu einem leichten pH-Anstieg und Ammoniumnitrat auf eine leichte Tendenz zur pH-Absenkung hindeutet. Ammoniumernährung allein liefert mehr Wasserstoffionen als für die Neutralisation der HCO3-Ionen gebraucht wird, so dass eine starke Versauerung eintritt.

Mit Nitraternährung steigt der pH-Wert deutlich an.
Ammoniumnitrat hält den pH-Wert hinreichend konstant mit leichter Tendenz zum pH-Abfall.
Ammoniumernährung führt zu einem starken Abfall in der Mitte der Kulturzeit. Das lässt darauf schließen, dass die Pufferfähigkeit des Substrats erschöpft ist.

In den Abbildungen sind die pH-Verläufe in drei Topfhorizonten dargestellt (Horizont 1 = oben, Horizont 2 = Mitte, Horizont 3 = unten).
Es treten in Abhängigkeit von der Stickstofform starke Abweichungen zwischen den Horizonten auf. Das ist zu erklären mit dem Bewässerungssystem (Ebbe/Flut), bei dem im unteren Topfbereich die größte Wassermenge und damit die größten Nährstoffmengen gespeichert werden und eine Reaktion auf den pH-Wert ausüben.
Nitraternährung bewirkt im Topf von oben nach unten eine Erhöhung des pH-Werts.
Ammoniumernährung hat eine pH-Absenkung zur Folge, die bei alleiniger Deckung des Stickstoffbedarfs über schwefelsaures Ammoniak ausgeprägter ist als mit Ammonium- und Nitratdüngung zu gleichen Teilen.
Der starke Abfall erklärt sich aus der in diesem Bereich starken Nitrifikation von Ammoniumstickstoff. Als Folge der Versauerung wird die Nitrifikation zunehmend behindert, so dass sich Nitrit bilden kann, was wiederum zu Wurzelschäden in diesem Bereich führt [2] [3].
Nitraternährung hat ähnliche Auswirkungen wie in der Variante mit 5° dHKH, der pH-Wert nimmt im Topf von unten hin zu.
Die gleiche Entwicklung tritt mit nach unten hin abnehmenden pH-Werten trifft auch für Ammoniumernährung zu.
Mit Ammoniumnitrat werden in allen drei Horizonten ähnliche pH-Werte erreicht. Im Gegensatz zu 5° und 15° dHKH nimmt der pH-Wert nach unten bei allen Stickstoffformen zu. Am ausgeprägtesten ist der Effekt bei Nitraternährung, bei Ammoniumernährung sind die Veränderungen zwischen den Horizonten am geringsten. Ammoniumnitrat liegt in der Mitte.

Einstellung des pH-Werts von Substraten

Der überwiegende Teil der Zierpflanzen wird bei Substraten auf Torfbasis zwischen pH 5,5 bis 6,5 kultiviert. Als Kalkform kommt nur kohlensaurer Kalk in Frage. Die Kalkmenge für deutschen Weißtorf beträgt 6 - 7 kg und für baltischen 3,5 kg kohlensaurer Kalk pro m3 bei einer Mahlfeinheit < 0,1 mm. Der Gefahr stark sinkender pH-Werte kann vorgebeugt werden durch zusätzliche Kalkbeimischung einer gröberen Fraktion (1-2 mm) zum Feinkalk.

Schwarztorf benötigt wegen des höheren Anteils an Festsubstanz 8 - 10 kg kohlensauren Kalk pro m3. Mischungen aus Weiß- und Schwarztorf brauchen 2 - 3 kg mehr als Weißtorf allein, um in den gewünschten Bereich zu gelangen. Die Kalkgabe von Mischungen aus Weißtorf mit anderen Zuschlägen ist folgender Tabelle zu entnehmen.


Kalkgaben zu verschiedenen Substratmischungen (n. LVG Ahlem)
Substrat

Kalkgabe

(kg CaCO3/m3)

pH-Wert
 Weißtorf
6,0
5,4 - 6,0
 Schwarztorf
8,0
5,3 - 5,8
 50% Weißtorf + 50% Rindenhumus
3,0
6,2
 80 % Weißtorf + 20 % Rindenhumus
6,0
5,7
 60 % Schwarztorf + 40 % Rindenhumus
3,6
5,9
 80 % Schwarztorf + 20 % Rindenhumus
7,0
5,6
 80 % Weißtorf + 20 % Perlite
5,0
5,8
 80 % Schwarztorf + 20 % Perlite
6,4
5,3
 80 % Weißtorf + 20 % Sand
4,8
6,2
 80 % Schwarztorf + 20 % Sand
5,6
5,9
 80 % Weißtorf + 20 % Styromull
5,0
5,7
 80 % Schwarztorf + 20 % Styromull
6,4
5,6
 50 % Weißtorf + 50 % Kompost
bis 3,0
6,0

Die exakte Kalkbemessung für die Substratherstellung aus mehreren Komponenten ist nur durch Bodenanalyse möglich.

Anhebung des pH-Werts

Das Absinken des pH-Werts während der Kulturzeit wird im wesentlichen durch weiches Gießwasser (Carbonathärte unter 8° dH) hervorgerufen und durch physiologisch sauer wirkende Dünger unterstützt. Folge starker Versauerung des Substrats ist die Freisetzung aller Spurenelemente außer Molybdän bis in den toxischen Bereich. Betriebe, in denen dieses Problem auftreten kann, müssen den pH-Wert ihrer Substrate regelmäßig überprüfen. Annäherungswerte, die eine Tendenz anzeigen, liefern Schnelltestverfahren. Unvorhersehbare Versauerung ist bei zu niedrig eingestelltem Ausgangs-pH-Wert denkbar. Diese wird häufig erst erkannt, nachdem Pflanzen bereits Ernährungsstörungen zeigen. Eine der Möglichkeiten der pH-Anhebung ist das Gießen mit Kalkwasser. Die anwendbaren Kalke sind Brannt- und Löschkalk sowie kohlensaurer Kalk. Die folgende Tabelle zeigt die Wirkung beider Kalkformen.


Kalkwirkung verschiedener Kalke
Ausgangs-pH 4,1 Ausgangs-pH 5,1
Kalkmilch [2g/l] pH danach Kalkmilch [2g/l] pH danach
1 x kohlensaurer Kalk
2 x kohlensaurer Kalk
3 x kohlensaurer Kalk
1 x Branntkalk
2 x Branntkalk
3 x Branntkalk
4,4
4,4
4,5
4,4
5,0
5,2
1 x kohlensaurer Kalk
2 x kohlensaurer Kalk
3 x kohlensaurer Kalk
1 x Branntkalk
2 x Branntkalk
3 x Branntkalk
5,5
5,4
5,6
5,7
6,5
6,5


Branntkalk (das gilt auch für Löschkalk) wirkt kurzfristiger aufgrund seiner schnelleren Löslichkeit, und bei sehr niedrigen Ausgangs-pH-Werten kann nur mit diesen Kalken eine Anhebung in pflanzenverträgliche pH-Bereiche erreicht werden.
Bei Ausgangswerten ab pH 5 ist auch kohlensaurer Kalk zur pH-Stabilisierung anwendbar. Es muss aber in die Überlegungen zur Auswahl des Kalks auch die unterschiedliche Pufferfähigkeit der Substrate einfließen, die durch die unterschiedlichen Komponenten verursacht wird. Gut gepuffert sind Substrate mit hohem Anteil organischer und anorganischer Austauscher, wie sie z.B. in Schwarztorf, Ton und Komposten enthalten sind. Vergleichsweise gering dagegen ist die Pufferkapazität von Rindenhumus und Weißtorf. In der Praxis bedeutet das, dass in austauscherreichen Substraten grundsätzlich mit Branntkalk gearbeitet werden sollte. Bei Torfsubstraten und nicht sehr stark abgesunkenen pH-Werten ist auch kohlensaurer Kalk anwendbar.
Entscheidend für die Löslichkeit der Kalke ist ihr Vermahlungsgrad. Zur Herstellung einer Kalklösung sind nur fein vermahlene Kalke geeignet. Als Konzentration ist 1 g/l Kalk zu empfehlen, da die maximale Löslichkeit in diesem Bereich liegt. Die Lösung sollte einen Tag vor der Anwendung angesetzt und vor Gebrauch noch einmal gerührt werden. Nicht aufgelöstes Salz bleibt dann in der Schwebe, wenn die Kalkmilch ausgebracht wird.
Die Ausbringungsmenge ist abhängig von der Topfgröße. Für einen 12 cm Topf beträgt sie etwa 100 ml. Die Behandlung sollte nach 10 bis 12 Tagen wiederholt werden. Mit Branntkalk oder Löschkalk benetzte Blätter müssen abgebraust werden, damit keine unlöslichen Kalkflecke oder gar Verätzungen entstehen. Auch bei der Anwendung von kohlensaurem Kalk ist ein Nachregnen zur Verhinderung von Flecken sinnvoll. Die schädigen das Pflanzengewebe nicht, und die Entfernung getrockneter Kalk¬flecke bereitet keine Probleme. Eine weitere Möglichkeit der pH-Absenkung entgegen zu wirken, ist die Auswahl physiologisch alkalisch wirkender Dünger. Stickstoff in Form von Nitrat bewirkt im Gegensatz zu Ammonium einen pH-Anstieg im Substrat. Geeignet sind Mehrnährstoffdünger mit höherem Nitrat- als Ammoniumanteil oder als Einzeldünger Kalksalpeter.
Eine aufwändigere Methode zur Anhebung des pH-Werts ist die Erstellung einer Pufferungskurve. Aus der kann entnommen werden, wie viel Kalk für ein bestimmtes Substrat notwendig ist, um den pH-Wert auf die gewünschte Größe zu bringen. Dazu müssen 5 Töpfe mit je 100 ml Kalkwasser in Konzentrationen von z.B. 1; 1,5; 2; 3 und 4 g/l gegossen werden. Nach frühestens 7 Tagen wird der pH-Wert gemessen. Aus dem Messergebnis wird die erforderliche Kalkmenge abgeleitet.


Pufferzone für ein Weißtorf-Substrat

Ebenfalls ist es möglich, über Kalilauge die Carbonathärte des Gießwassers zu erhöhen und mit diesem Wasser zu gießen. Bewährt hat sich eine Anhebung um 20° dHKH.
Die Lauge liefert 16,81 mg K2O/l, um die Carbonathärte um 1° dH zu erhöhen. Werden 100 ml pro Topf gewässert, gelangen bei einer Anhebung um 20° dHKH pro Gießvorgang über 30 mg K2O in den Topf. Bei stark versauertem und gut gepufferten Substrat reicht eine einmalige Behandlung nicht aus. Diese Methode hat gegenüber der Anwendung von Kalkwasser den Vorteil der wesentlich schnelleren Wirkung.


Beispiel: Die Carbonathärte des Gießwassers soll um 20° dHKH angehoben werden. Wie viel Kalilauge (28,2 % K2O) sind für 1500 l erforderlich, wenn mit 0,0447 ml Lauge/l Wasser die Härte um 1° dHKH angehoben wird?


0,0447 ml/l x 20 = 0,894 ml/l für Anhebung um 20° KH
0,894 ml/l x 1500 l = 1321 ml/1500 l = 1,321 l


Absenkung des pH-Werts

Ein bewährtes Verfahren zur Absenkung des pH-Werts ist, über Salpetersäure die Carbonathärte des Gießwassers zu senken und mit diesem Wasser zu gießen. Bei weichem Wasser hat sich eine Absenkung um 20° dHKH bewährt. Bei hartem Wasser ist die Säuremenge die Summe aus Enthärtung des Wassers zuzüglich eines Überschusses zur Entfernung von Hydrogencarbonat im Substrat. Erfahrungsgemäß kann dieser bei 10 bis 15° dHKH liegen.

Die Säure liefert 5 mg N/l, um die Carbonathärte um 1° dH zu senken. Werden 100 ml pro Topf gewässert, gelangen bei einer Anhebung um 20° dHKH pro Gießvorgang etwa 10 mg N in den Topf. Bei stark alkalisiertem und gut gepufferten Substrat reicht eine einmalige Behandlung nicht aus. Diese Methode hat gegenüber der Anwendung von Ammoniumsulfat den Vorteil der wesentlich schnelleren Wirkung.


Beispiel: Die Carbonathärte des Gießwassers soll um 20° dHKH gesenkt werden. Wie viel Salpetersäure (53 % HNO3) sind für 1500 l erforderlich, wenn mit 0,0318 ml Säure/l Wasser die Härte um 1° dHKH gesenkt wird?


0,0318 ml/l x 20 = 0,636 ml/l für Anhebung um 20° KH
0,636 ml/l x 1500 l = 954 ml/1500 l = 0,954 l


Einstellung mineralischer Böden

Der pH-Wert ist der Bodenart anzupassen. Sandböden (Böden mit Einzelkorngefüge) benötigen niedrige pH-Werte unter 6, Lehmböden (Böden mit Krümelgefüge) pH-Werte über 6,5.

Optimale pH-Werte in Abhängigkeit von der Bodenart
pH-Wert
Bezeichnung
Bodenart
Beispiele
3 - 4
sehr stark sauer
Weißtorf
Hochmoor
4 - 5
stark sauer
Sand
leichte Böden
5 - 6
mäßig sauer
lehmiger Sand

Parabraunerden

Niedermoor

6 - 7
schwach sauer bis neutral
sandiger Lehm bis Lehm
Braunerde
5,5 - 6,5
schwach sauer
gärtnerische Erden
TKS, EE u.a.


Ursächlich für die einzustellenden pH-Werte ist bei Sandböden die Verfügbarkeit der Spurennährstoffe, bei Lehmböden die Erhaltung des Krümelgefüges. Im sauren Bereich würden die Tonminerale eines Lehmbodens verwittern und pflanzenschädliches Aluminium freisetzen. Die Tonminerale bleiben nur bei höheren pH-Werten stabil, wenn ihre Oberfläche überwiegend mit Calcium-Ionen abgesättigt ist. Sandböden sind arm an Tonmineralen, so dass keine toxischen Aluminium-Konzentrationen auftreten, aber bei erhöhten pH-Werten die in geringer Menge vorhandenen Spurennährstoffe (außer Molybdän) festgelegt werden. Lehmböden sind reich an Spurennährstoffen, so dass auch bei höheren pH-Werten ausreichende Mengen verfügbar sind.

Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich die Auswahl des geeigneten Kalkdüngers. Tonhaltige Böden haben im Gegensatz zu Sandböden ein gutes Pufferungsvermögen, d.h. nach Zugabe einer Säure (sauer wirkende Dünger) oder einer Lauge (Kalkung) bleibt der ursprüngliche pH-Wert konstant. Gut gepufferte Lehmböden vertragen als Kalkdünger den schnell wirkenden Branntkalk, da der pH-Wert stabil bleibt. Außerdem sorgt die schnelle Lieferung von Calcium-Ionen für die Stabilität der Tonminerale und verhindert die Verwitterung durch Säureeinfluss. In Sandböden würde der pH-Wert dagegen in kurzer Zeit hochschnellen mit der Folge, dass die Spurennährstoffe festgelegt werden.

Daher kommt für Sandböden nur der langsam wirkende kohlensaure Kalk bzw. Hüttenkalk in Frage, die den pH-Wert nicht schlagartig verändern.

Quellen

Ulrich Harm (2007): Neustadter Heft: Bodenanalyse und Düngung im Zierpflanzenbau. Herausgeber DLR Rheinpfalz. Neustadt an der Weinstraße. 


Einzelnachweise

  1. M. Schenk:Beurteilung und Verbesserung des Gießwassers.In: TASPO-Praxis 16, S. 68 - 80, 1992
  2. a b H.D. Molitor:Veränderung des pH-Werts in Substraten und Möglichkeiten der Einflußnahme. In: Neustadter Heft 74 „Poinsettien - Ist die Kultur noch zu retten?“, 1995
  3. E. Meinken und P. Fischer:pH-Pufferung von Holzfasersubstraten. GbGw 26, S. 1223-1224, 1993