Lindenwanze

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Lindenwanze
Oxycarenus lavaterae
Lindenwanze.jpg
von Lindenwanzen befallener Baum
Systematik
Klasse Insekten
Insecta
Unterklasse Höhere Insekten
Ordnung Schnabelkerfe
Hemiptera
Unterordnung Wanzen
Heteroptera
Überfamilie Lygaeoidea
Familie Bodenwanzen
Lygaeidae

Die Lindenwanze (Oxycarenus lavaterae), auch Malvenwanze genannt, gehört zur Familie der Lygaeidae (Lang-, Bodenwanzen). Die aus dem Mittelmeerraum stammende Art kommt seit einigen Jahren auch nördlich der Alpen vor und hat durch ihr Massenauftreten an den Stämmen von Linden im Süddeutschen Raum für Schlagzeilen gesorgt.
Auf der Suche nach geeigneten Überwinterungsquartieren versammeln sich die Insekten manchmal auch an Hauswänden und rufen bei den Bewohnern Angstreaktionen und Unmut hervor.


Vorkommen und Verbreitung

Die Lindenwanze ist paläarktisch weit verbreitet und kommt hauptsächlich im Mittelmeeraum vor. <bt> Zu ihrem Verbreitungsgebiet <br> zählen Nordwestafrika, Portugal, Südspanien, Südfrankreich, Italien, Slowenien und Kroatien, das östliche Mittelmeergebiet (Saudi-Arabien, Jemen), sowie das tropische Afrika bis nach Südafrika. [1],[2] In letzter Zeit gelang es der Lindenwanze, in weitere europäische Länder vorzudringen: Montenegro, Bulgarien, Ungarn, die Slowakische Republik und schließlich auch nördlich der Alpen. 2001 konnte die wärmeliebende Art erstmals in Österreich und 2004 in der Schweiz (nördlich des Alpenkamms) nachgewiesen werden. [3],[4] In Süddeutschland wurde die Lindenwanze dann 2004 erstmals gemeldet. [5] Eine weitere Ausbreitung entlang des Rheins Richtung Norden war zu erwarten. Zu den bislang nördlichsten Vorkommen der Lindenwanze zählt ein Nachweis in der Normandie im Jahr 2005. [6]


Massenhaftes Auftreten 2020 in Landau/Pfalz

Auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände in Landau/Pfalz steht ein große, prächtige Lindenallee. Im Jahre 2020 wurden an allen Bäumen massenhaft Lindenwanzen beobachtet.

Fotos vom Befall am 30.11.2020

Merkmale und Lebensweise

Adulte Lindenwanzen sind 4 bis 6 mm groß und schwarz-rot gefärbt. Ihre Flügelmembranen schimmern silbern. Die Larven besitzen ein rotbraunes Abdomen, Kopf und Brustabschnitt sind schwarz. Lindenwanzen treten oft zusammen mit Feuerwanzen auf.[7] Wie diese kann man die ausgewachsenen Insekten oft in Kopulationsstellung beobachten.

Als Wirtspflanzen werden in der Literatur verschiedene Malvengewächse der Gattung Lavatera angegeben, aber auch Hasel (Corylus), Linde (Tilia), Althea rosea, Cynara scolymus, Geranium, Hibiscus und Populus. [8] In Nordafrika konnten Lindenwanzen auch an Baumwolle (Gossypium), Pfirsich (Prunus), Grapefruit (Citrus) und Weinreben (Vitis) nachgewiesen werden.[9]

In den jüngst von der Lindenwanze besiedelten Gebieten Mittel- und Osteuropas wurden die Tiere hauptsächlich an neu gepflanzten Linden in Siedlungsgebieten gefunden, aber sie kommen auch an älteren Lindenbäumen vor. Die Insekten scheinen eine eindeutige Präferenz für Winterlinden (Tilia cordata) zu besitzen. Während der Vegetationszeit leben Adulte und Larven gesellig in der Baumkrone und saugen an Blättern und unverholzten Teilen ihrer Wirtspflanze.[10] Die Eiablage erfolgt in Rindenritzen. Mit dem Wachstum einer Population spalten sich immer neue Kolonien ab, was während der Vegetationszeit in der Baumkrone weitgehend unbemerkt bleibt. Erst im Herbst versammeln sich die Tiere zu riesigen Kolonien an dicken Ästen und Baumstämmen, wo sie auf der Baumrinde im Freien überwintern. Im Frühjahr können diese Massenansammlungen ebenfalls beobachtet werden. Es wird vermutet, dass die Mortalität über Winter in unseren Breiten recht hoch ist.[11]
In den mediterranen Ländern bilden sich 3 bis 4 Generationen im Jahr, für Mitteleuropa sind noch keine Angaben bekannt.


Maßnahmen bei Massenauftreten

Da Lindenwanzen in der Regel keine Schäden an ihren Wirtspflanzen hervorrufen, sind sie eher als Lästlinge einzustufen und gelten daher auch derzeit als nicht bekämpfungswürdig (vgl. Feuerwanzen). Bisher ist noch kein Absterben von Lindenbäumen nach Befall durch die Lindenwanze bekannt geworden, allerdings ist es möglich, dass die Bäume bei zusätzlichem Befall durch die Wollige Napfschildlaus (Pulvinaria regalis) geschwächt werden.[12] Dadurch sind die Bäume dann auch anfälliger für andere Schädlinge und Krankheiten.

Wenn sich die Insekten auf der Suche nach geeigneten Überwinterungsquartieren an Hauswänden versammeln, kann es auch vorkommen, dass sie durch Fenster und Türen in Wohnräume eindringen. Dies stellt natürlich eine Belästigung der betroffenen Personen dar und erfordert Maßnahmen zur Beseitigung der Wanzen. An dieser Stelle sei jedoch betont, dass die Lindenwanze harmlos ist und keine Gefährdung für die Gesundheit darstellt.

In der Schweiz wurden verschiedene Möglichkeiten getestet, um die unerwünschten Tiere zu entfernen. Als umweltverträglichste und effektivste Methode hat sich der Einsatz von Rückenstaubsauger und Bürste unter Verwendung einer Hebebühne oder Baumkletterern erwiesen.[13]


Einzelnachweise

  1. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 311
  2. Rabitsch, W. und Adlbauer, K.: Erstnachweis und bekannte Verbreitung von Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Österreich (Heteroptera: Lygaeidae). In: Beiträge zur Entomofaunistik. 2, Wien, Dezember 2001, S. 50
  3. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 311
  4. Rabitsch, W. und Adlbauer, K.: Erstnachweis und bekannte Verbreitung von Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Österreich (Heteroptera: Lygaeidae). In: Beiträge zur Entomofaunistik. 2, Wien, Dezember 2001, S. 50
  5. Billen, W.: Kurzbericht über das Auftreten einer neuen Wanze in Deutschland. In: Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes. 56, 2004, S. 309-310
  6. Hoffmann, H.-J.: Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) nun auch im Norden Frankreichs, und im SW Deutschlands. In: Heteropteron. Heft 21, 2005, S. 26
  7. Rabitsch, W. und Adlbauer, K.: Erstnachweis und bekannte Verbreitung von Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Österreich (Heteroptera: Lygaeidae). In: Beiträge zur Entomofaunistik. 2, Wien, Dezember 2001, S. 51
  8. Rabitsch, W. und Adlbauer, K.: Erstnachweis und bekannte Verbreitung von Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Österreich (Heteroptera: Lygaeidae). In: Beiträge zur Entomofaunistik. 2, Wien, Dezember 2001, S. 51
  9. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 313
  10. Hoffmann, H.-J.: Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) nun auch im Norden Frankreichs, und im SW Deutschlands. In: Heteropteron. Heft 21, 2005, S. 25
  11. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 313
  12. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 315
  13. Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B.: Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78, 2005, S. 315


Quellen

Gartenakademie Rheinland-Pfalz

Billen, W. (2004): Kurzbericht über das Auftreten einer neuen Wanze in Deutschland. In: Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes. 56. Seite 309-310. 

Hoffmann, H.-J. (2005): Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) nun auch im Norden Frankreichs, und im SW Deutschlands. In: Heteropteron. Heft 21. Seite 25-27. 

Rabitsch, W. und Adlbauer, K. (Wien, Dezember 2001): Erstnachweis und bekannte Verbreitung von Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Österreich (Heteroptera: Lygaeidae). In: Beiträge zur Entomofaunistik. 2. Seite 49-54. 

Wermelinger, B., Wyniger, D. und Forster, B. (2005): Massenauftreten und erster Nachweis von Oxycarenus lavaterae (F.) (Heteroptera, Lygaeidae) auf der Schweizer Alpennordseite. In: Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. 78. Seite 311-316. 


Siehe auch in Hortipendium


Weblinks