Orius

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Blumenwanze
Orius
Orius majusculus.jpg
Orius majusculus
Systematik
Klasse Insekten
Insecta
Ordnung Schnabelkerfen
Hemiptera
Unterordnung Wanzen
Heteroptera
Familie Blumenwanzen
Anthocoridae
Gattung Orius


Orius sind zwar polyphag, zeigen aber häufig eine starke Präferenz für eine bestimmte Art. Sie können sich von allen Stadien von Thripsen, Blattläusen, Milben und anderen kleinen Athropoden (Gliederfüßer) ernähren. Gelegentlich ernähren sich die Blumenwanzen auch von Pflanzensaft, meist jedoch ohne der Pflanze großen Schaden zuzufügen. Das Haupteinsatzgebiet ist die Thripsbekämpfung.

In Europa wird am häufigsten die Art Orius laevigatus eingesetzt, weniger die Art Orius majusculus. Orius laevigatus ist weit verbreitet im Mittelmeerraum, Orius majusculus in Zentral- und Südeuropa und in Kleinasien. Die letztere Art kann besonders im Juli und August spontan in Gewächshäuser einwandern. Orius insidiosus ist in den USA und Kanada verbreitet und kommt auch in Mexiko, Zentral- und Südamerika und auf Cuba, Puerto Rico und anderen Westindischen Inseln vor. Sie wird in Amerika zur biologischen Kontrolle von Thripsen eingesetzt, sollte aber wegen einer möglichen Faunenverfälschung nicht in Europa eingesetzt werden.

Biologie

Datei:Orius insidiosus IPM2666062.jpg
Orius insidiosus saugend an einem Ei

Lebenszyklus und Erscheinungsbild

Ei – 5 Nymphenstadien – adultes Tier

Die Eier sind 0,4 mm lang, 0,13 mm breit, zunächst farblos, später milchig weiß gefärbt. Die Eier sind im Blattgewebe eingebettet, die Lage auf dem Blatt kann je nach Art unterschiedlich sein. Häufig finden sich die Eier an der Mittelrippe an der Blattunterseite oder an Blattstielen, sie können aber auch in Blütenständen abgelegt werden. Da nur die Spitzen der Eier aus dem Blattgewebe herausschauen, sind sie schwer zu entdecken. Später sind manchmal die roten Augen und orangefarbenen Körper der sich im Ei entwickelnden Nymphen zu erkennen. Die Eier werden getrennt abgelegt, selten liegen mehrere Eier in einer Gruppe zusammen.

Nach dem Schlupf sind die Nymphen glänzend und fast farblos, nach ein paar Stunden werden sie je nach Art gelb bis braun. Nymphen von Orius majusculus sind im vierten und fünften Stadium dunkelbraun, während die von 'Orius laevigatus' gelb bleiben mit orangebraunen Flecken in späteren Stadien. Die Augen der Orius-Arten sind in allen Stadien deutlich zu erkennen. Im zweiten Nymphenstadium beginnen sich die Flügel zu entwickeln, sichtbar werden die Ansatzstellen erst im fünften Stadium. Nach der letzten Häutung sind die adulten Tiere zunächst gelb, aber nach ein paar Stunden entwickelt sich die charakteristische Färbung. Eine Stunde nach der Häutung haben sich die Flügel entfaltet. Die Adulten sind braun bis schwarz mit hellgrauen bis weißen oder braunen Flächen auf den Flügeln. Orius laevigatus hat im Vergleich zu Orius majusculus keine schwarzen Flächen auf den Flügeln. Außer kleinen Unterschieden am Hinterleib haben männliche und weibliche Tiere der verschiedenen Arten mehr oder weniger das gleiche Aussehen. Der Hinterleib des Weibchens ist etwas größer, symmetrisch und etwas robuster. Die Größe variiert von 1,5 bis 3 mm. Orius majusculus ist 2,6 bis 3 mm, Orius laevigatus 1,4 bis 2, 4 mm lang.

Populationswachstum

Die Nahrungsversorgung und die Temperaturen sind die bestimmenden Faktoren für die Vermehrung und Entwicklung der Population, die Pflanzenart und die Luftfeuchtigkeit sind weniger bedeutend. Die Entwicklungszeiten der Arten unterscheiden sich kaum. Einige Arten entwickeln sich schneller und können besser überleben, wenn Pollen vorhanden ist. Ein Überleben allein durch Pflanzensaft ist nicht möglich. Das Paaren erfolgt kurz nach der Geschlechtsreife, zwei bis drei Tage nach der Paarung werden die Eier gelegt. Die Lebensdauer der Adulten beträgt drei bis vier Wochen.

Die Anzahl gelegter Eier hängt bei Orius laevigatus stark von dem Nährwert der Beute ab. Ein Weibchen kann bis zu 165 Eier legen. Das Paaren beginnt am Tag nach der letzten Häutung und findet Tag und Nacht statt. Die meisten Weibchen legen die Eier zwischen 20 und 30°C, unter 15°C legen nur noch die Hälfte der Weibchen Eier in geringerer Menge ab.


Populationswachstum von Orius laevigatus bei verschiedenen Temperaturen mit Schmetterlingseiern als Nahrung[1]

Entwicklungszeit in Tagen bei
15°C 20°C 25°C 30°C
Ei 11,7 6,4 4,6 3,3
Nymphe 1 9,4 4 2,9 2
Nymphe 2 6,2 2,9 2,2 1,2
Nymphe 3 6 3 1,8 1,2
Nymphe 4 7,4 3,4 2,1 1,8
Nymphe 5 14 7,1 4,1 2,9
Gesamt 54,7 26,8 17,7 12,4
Eier pro Weibchen 62 137 157 152
ausgeschlüpfte Eier (%) 78 73 87 84
Lebensdauer Weibchen in Tagen 78 50 39 21


Überwinterung

Die meisten Arten aus den gemäßigten Breiten müssen eine Diapause im Winter einlegen. Werden Nymphen unter Kurzlichtbedingungen geschlechtsreif, legen sie erst nach der Diapause Eier. In Nordwesteuropa verbringen fruchtbare Weibchen die Winterruhe im Freiland ab September/Oktober unter Baumrinden, in kleinen Spalten in Bäumen oder anderen Pflanzen oder in Schichten von Stroh. Von Mitte April an werden sie wieder aktiv. Die Tageslängen, an denen die Tiere in die Winterruhe gehen, sind je nach Art unterschiedlich. Orius laevigatus geht in Gewächshäusern nicht in die Winterruhe und kann somit das ganze Jahr über eingesetzt werden, wenn genügend Nahrung vorhanden ist. Orius majusculus dagegen macht eine Diapause und kann erst im Frühling eingesetzt werden. Bei früherer Freilassung entwickeln sich aus den Nymphen adulte Tiere, die dann in die Winterruhe gehen.

Ernährungsverhalten

Alle Stadien von Wanzen fangen und töten mit dem Stechrüssel kleine Insekten und Milben mit weichen Körpern und saugen sie aus. Bei hoher Beutedichte werden mehr Beutetiere getötet als benötigt werden. Manchmal werden auch Tiere der eigenen Art als Nahrung verwendet. Raubwanzen und Raubmilben können nebeneinander leben, oft konkurrieren sie um Nahrung, manchmal können sie sich ergänzen, wenn jede Nützlingsart seine besten Bedingungen an einer anderen Stelle auf der Pflanze findet.

Sowohl Nymphen als auch Weibchen von Orius laevigatus konsumieren etwa 12 Thripse pro Tag. Die Art bevorzugt zur Nahrungssuche Blüten, um leichter an Pollen zu gelangen, während Orius majusculus auf der ganzen Pflanze gefunden wird.

Suchverhalten

Die Beute wird durch den Geruchssinn oder den Tastsinn gefunden, nicht durch visuelle Wahrnehmung. Mit den Fühlern wird ein Gebiet abgesucht. Die Raubwanzen reagieren schnell auf die Bewegungen der Beutetiere. Bei Gefahr fliegen oder kriechen sie sofort weg oder lassen sich schnell zu Boden fallen. Sie können gut fliegen und schnell krabbeln, so dass sie schnell neue Ansammlungen von Beutetieren finden. Die adulten Tiere befinden sich häufig in den Blüten, die Nymphen meistens auf den Blättern. Wegen der Blattbehaarung sind Tomaten nicht für Orius geeignet.

Ausbringung

Orius-Wanzen werden als Gemisch von verschiedenen Entwicklungstadien mit Buchweizenspelzen oder Vermiculit als Trägermaterial morgens oder abends bei geschlossenen Lüftungen über den Pflanzenbestand ausgestreut. Sie können als Ergänzung zu Amblyseius cucucmeris und Amblyseius barkeri gegen Thripse eingesetzt werden. Empfohlen werden 0,5 bis 1 Tier pro qm.

Quellen

  1. Alauzet, C., D. Dargagnon & J. C. Malausa, 1994: Bionomics of a polyphagous predator: Orius laevigatus (Het.: Anthocoridae), Entomophaga 39 (1): 33-40


R. Albert, C. Allgaier, H. Schneller, K. Schrameyer (2007): Biologischer Pflanzenschutz im Gewächshaus. Eugen Ulmer KG. Stuttgart. 

Wikipedia Blumenwanzen[1] am 27.01.2014

Wikipedia Orius insidiosus[2] am 27.01.2014

M.-H. Malais, W. J. Ravensberg (2003): Knowing and recognizing. Red Business Information. Doetinchem, NL. 

E. Richter (Hrsg.) (2009): Nützlingseinsatz im Zierpflanzenbau unter Glas. DPG Selbstverlag. Braunschweig.