Gesundheitswert Sauerkirsche

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Neben der Versorgung mit Mineralstoffen und Spurenelementen sind für die Gesundheit des Menschen die Pflanzenphenole am wertvollsten. Nachdem herausgefunden wurde, dass Sauerkirschen (Prunus cerasus L.) signifikante Gehalte an Anthocyanen beinhalten, verstärkte sich die Attraktivität und die Aufmerksamkeit dieser Spezies [1]. Die Anthocyane der Sauerkirschen haben gezeigt, dass sie eine starke antioxidative und entzündungshemmende Aktivität besitzen [2]. Sie blockierten Tumorentwicklungen infizierter Mäuse und das Wachstum menschlicher Dickdarmkrebszellen [3]. Zudem zeigte Cyanidin (Glykogen der Anthocyanidine) eine größere entzündungshemmende Effizienz als Aspirin [2]. In europäischem Obst und Gemüse sind besonders Flavonole, aber auch Anthocyane weit verbreitet. Die Eigenschaften der Flavonoide wurden in den letzten Jahren hinsichtlich möglicher protektiver Einflüsse auf chronische Erkrankungen intensiv untersucht [4].

In Studien wurde ein signifikanter Gehalt an Melatonin in Sauerkirschen durch RIA (radioimmunoassay) und HPLC (high performance liquid chromatography) nachgewiesen. Melatonin ist in Früchten ein wirksames Antioxidant. Im menschlichen Körper steuert Melatonin den Tag-Nacht-Rhythmus. Das Hormon wird in der Zirbeldrüse (Epiphyse) – einem Teil des Zwischenhirns – aus Serotonin produziert. Schlaflosigkeit kann mit Melatonin auf einem natürlichen Weg verringert werden. Die Produktion von Melatonin nimmt in unserem Körper mit zunehmendem Alter ab. Daher wäre es nützlich, einen Weg zu finden, den Melatoningehalt im Körper, besonders älterer Menschen, anwachsen zu lassen [5]. Die Höhe des Gehaltes an Antioxidantien im Körper kontrolliert den täglichen Schlafrhythmus. Melatonin wird schnell von dem Körper absorbiert und wurde bereits in geringen Mengen im menschlichen Organismus gefunden, mit zunehmend positiven Ergebnissen. Forscher hatten vorausgesagt, dass bereits kleine Mengen an Kirschen den Melatoningehalt im Blut steigern und dabei die Schlafleistung verbessert wird[6].


Die Antioxidative Kapazität der Sauerkirschen, anderer Früchte und Säfte

Säfte sind neben Früchten und Gemüse in Hinblick der Nahrungsaufnahme von gesundheitsfördernde Pflanzenstoffen geeignete Lebensmittel. Die bioaktiven Komponenten können unter Umständen besser aus den Säften absorbiert werden als aus Pflanzengewebe [7].

Unterschiedliche Fruchtnektare, darunter Orangen-, Sauerkirsch-, Pfirsich- und Aprikosennektare wurden auf ihre antioxidative Kapazität untersucht und auf den Gehalt an Phenolen, den Gehalt an Vitamin C und den Gehalt an Carotinoiden (mit Ausnahme der Sauerkirschen) analysiert. Die antioxidative Fähigkeit der Säfte wurde mit der FRAP-Untersuchung (Ferric reducing/antioxidant power) gemessen. Der Sauerkirschsaft zeigt im Vergleich zu den andern Früchten die höchste antioxidative Kapazität [8].

Ascorbinsäure und Phenol- und Anthocyanidingehalte von Fruchtsäften [8]
Trockengewicht
(g kg-1)
Ascorbinsäure
(mg kg-1)
Phenolgehalt
(mg l-1)
Anthocyanidin
(mg l-1)
Orangen 115,8 (± 3,2) 589,8 (± 391,7) 194,20 (±33,49) n.d.
Aprikose 133,9 (± 4,1) 105,2 (± 62,3) 457,51 (±86,14) n.d.
Pfirsich 134,4 (± 2,9) 83,6 (± 56,5) 413,72 (±37,78) n.d.
Sauerkirsche 129,5 (± 5,2) 25,3 (± 23,7) 475,69 (±50,12) 24,56 ± 6,18
n.d. = nicht messbar; Mittelwerte; ± Standardabweichung der Messung

Sauerkirschsaft hat im Vergleich zu Orangen-, Aprikosen- und Pfirsichsaft den höchsten Gehalt an Phenolen. Für die antioxidative Kapazität der Säfte würde nach den Berechnungen die Rangfolge wie folgt aussehen: Sauerkirschnektar > Orangennektar > Aprikosennektar > Pfirsichnektar [8]. Auch Will et al. (2005)[9] stellten eine große antioxidative Kapazität der von ihnen getesteten Sauerkirschsäfte auf Grund der hohen Phenolgehalte fest.

Bei der Messung der antioxidativen Kapazität von Polyphenolen wurden die gemessenen Werte als TEAC-Wert (Trolox Equivalent Antioxidative Capacity) bezeichnet. Je höher der TEAC-Wert, desto höher die antioxidative Kapazität. TEAC-Werte von über 10 können als hoch bezeichnet werden. Sogenannte Buntsäfte (roter Traubensaft, schwarzer Johannisbeernektar, Sauerkirschnektar) und andere farb- und polyphenolreiche Nektare (Brombeere, Heidelbeere) weisen ein erhebliches antioxidatives Potential im TEAC-Test auf. Der Vitamin C Gehalt spielt bei dem verwendeten Test eine untergeordnete Rolle, was an den Vitamin C armen Sauerkirschnektaren gezeigt wird. Dennoch entfaltet Vitamin C im Körper wichtige antioxidative Wirkung, wobei jedoch andere biologische Mechanismen zugrunde liegen. Am Beispiel der Sauerkirschnektaren wird der Einfluß des Fruchtgehaltes deutlich. Je höher der Fruchtgehalt, desto höher ist die antioxidative Kapazität. Der geringe TEAC-Werte des roten Traubensaftes des Handels deutet auf einen Verschnitt mit weißem Traubensaft hin. Die schwarze Johannisbeere zählt durch ihre hohe antioxidative Kapazität in Kombination mit dem hohen Vitamin C Gehalt zu unseren wertvollsten einheimischen Früchten [10].

TEAC-Werte verschiedener Säfte, Weine und Tees [10]
Probe Mindest -
Fruchtgehalt [%]
Vitamin C
[mg/l]
TEAC- Wert
Sauerkirschnektar 40 5 4,1
Sauerkirschnektar 50 7 4,5
Sauerkirschnektar 50 n.n. 6,0
Sauerkirschnektar 60 7 9,0
Sauerkirschnektar 60 7 12,7
1993 Spätburgunder aus Assmannshausen, Rheingau 13,7
1995 Spätburgunder aus Affental, Baden 14,7
Weißer Traubensaft 175 0,6
Roter Traubensaft 7 3,6
Bio Traubensaft rot 7 14,1
Schwarzer Johannisbeernektar 25 420 6,8
Schwarzer Johannisbeernektar 30 410 12,0
Roter Johannisbeernektar 35 109 3,3
Brombeernektar 40 7 5,8
Heidelbeernektar 40 107 11,9
Apfelsaft naturtrüb 150 2,1
Apfel-Kirsch-Saft 7 4,7
Orangensaft aus Konzentrat 461 3,0
Speierling Apfelwein n.n. 3,3
Speierlingsaft 146,0
Schwarzer Tee „Darjeeling“ 8,7
Grüner Tee „Ghu Zhang Mao Jian“, China 13,1
n.n = nicht nachweisbar

Eine geringere antioxidative Wirkung wurde bei Apfel- und Zitrussäften gemessen. Durch Verschnitt mit polyphenolreichen Säften wird der TEAC-Wert erhöht (Bsp. Apfel-Kirsch-Saft). Der Saft aus Speierling (Sorbus domestica) hat den höchsten aller gemessenen Werte (146 TEAC-Einheiten). Tee hat einen hohen Gehalt an Polyphenolen, hauptsächlich Flavanole (Catechin, Epicatechin, Epigallocatechin, Epigallocatechingallat usw.) und weist ebenfalls ein hohes antioxidatives Potential auf [10]. Grüner Tee weist höhere Werte auf als schwarzer Tee. Der Grund dafür liegt in der Fermentierung des schwarzen Tees, bei dem die Polyphenole teilweise oxidiert werden [11]. Die Untersuchungen von Standardsubstanzen zeigten, dass Polyphenole im Vergleich mit Vitamin C in dem durchgeführten TEAC-Test über ein größeres antioxidatives Potential verfügen. Dies gilt vor allem für die Flavanole (Tee, Säfte) und die Anthocyane (Buntsäfte, Rotwein), was sich mit anderen Untersuchungen deckt [12]. Außerdem kann angenommen werden, dass das antioxidative Potential mit zunehmender Zahl an freien Hydroxygruppen im Molekül ansteigt (Delphinidin > Cyanidin > Malvidin). Delphinidinderivate sind zum Beispiel in großer Menge in schwarzen Johannisbeeren enthalten [10]. Bei der Ermittlung der durchschnittliche Antioxidative Kapazität mittels TEAC-Test (in mmol/l Tolox@) verschiedener Fruchtsäfte und –nektare war der Spitzenreiter der untersuchten Fruchtsäfte der Holunderbeersaft (bis 60 mmol/l), Schwarzer Johannisbeersaft (bis 45 mmol/l), Sauerkirschsaft (bis 30 mmol/l) und Brombeersaft (bis 25 mmol/l). [13]

Quellen

Lampe, I. und Hilsendegen P., DLR Rheinpfalz (2006): Die Inhaltsstoffe der Sauerkirschen (Prunus cerasus L.). Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse. Neustadt an der Weinstraße, Berlin. 


Einzelnachweise

  1. Blando, F., Gerardi, C. und Nicoletti, I. (2004) Sour Cherry (Prunus cerasus L.) Anthocyanins as Ingredients for Functional Foods. Journal of Biomedicine and Biotechnology, 2004:5. S. 253-258
  2. a b Wang, H., Nair, M.G., Strasburg, G.M. et. al. (1999) Antioxidant and antiinflammatory activities of anthocyanins and their aglycon, cyanidin, from tart cherries. Journal Nat. Prod. 62(2). S. 294-296 in Blando, F., Gerardi, C. und Nicoletti, I. (2004) Sour Cherry (Prunus cerasus L.) Anthocyanins as Ingredients for Functional Foods. Journal of Biomedicine and Biotechnology, 2004:5. S. 253-258
  3. Kang, S.Y., Seeram, N.P., Nair, M.G., Bourquin L.D. (2003) Tart cherry anthocyanins inhibit tumor development in ApcMin mice and reduce proliferation of human colon cancer cells. Cancer Letter 194 (1). S. 13-19 in Blando, F., Gerardi, C. und Nicoletti, I. (2004) Sour Cherry (Prunus cerasus L.) Anthocyanins as Ingredients for Functional Foods. Journal of Biomedicine and Biotechnology, 2004:5. S. 253-258
  4. Böhm, H., Boeing, H., Hempel, J., Raab, B., Kroke, A. (1998) Flavonole, Flavone und Anthocyane als natürliche Antioxidantien der Nahrung und ihre mögliche Rolle bei der Prävention chronischer Erkrankungen. Zeitschrift Ernährungswissenschaft 37, Steinkopff Verlag. S. 174-163
  5. Reiter, R. und Tan, D. (2001) University of Texas Health Science Center. Zitat in Brown, G. (2001) Researcher says tart cherries rich in melatonin. The Fruit Growers News, February 2001, 40. Jahrg., Heft 2. S. 40
  6. Brown, G. (2001) Researcher says tart cherries rich in melatonin. The Fruit Growers News, February 2001, 40. Jahrg., Heft 2. S. 40
  7. Netzel, M., Strass, G., Kaul, C., Bitsch, I., Dietrich, H., Bitsch, R. (2002) In vivo antioxidative capacity of a composite berry juice. Food Res. Int. 35. S. 213-216 in Tosun und Sule Ustun (2003)
  8. a b c Tosun, K. und Sule Ustun, N. (2003) An Investigation about Antioxidant Capacity of Fruit Nectars. Pakistan Journal of Nutrition 2(3), S. 167-169
  9. Will, F., Hilsendegen, P., Bonerz, D., Patz, C.-D., Dietrich, H. (2005) Analytical composition of fruit juices from different sour cherry cultivars. Journal of Applied Botany and Food Quality 79. S. 12 –16
  10. a b c d Rechner A., Patz, C.-D. und Dietrich, H. (1997) Beitrag zur Bewertung der antioxidativen Kapazität verschiedener Getränke. Flüssiges Obst 62 Jg. 64. S. 62 – 65
  11. Varnam A.H., Sutherland, J.P: (1994) Beverages. Chapman & Hall, London. S. 177 ff. in Rechner A., Patz, C.-D. und Dietrich, H. (1997) Beitrag zur Bewertung der antioxidativen Kapazität verschiedener Getränke. Flüssiges Obst 62 Jg. 64. S. 62 – 65
  12. Vinson, J.A., Dabbagh, Y.A., Serry, M.M., Jang, J. (1995) Plant flavonoids, especially tea flavonols, are powerful antioxidants using an in vitro oxidation model for heart disease. Journal Agric. Food. Chem. 43. S. 2800-2802 in Rechner A., Patz, C.-D. und Dietrich, H. (1997) Beitrag zur Bewertung der antioxidativen Kapazität verschiedener Getränke. Flüssiges Obst 62 Jg. 64. S. 62 – 65
  13. Rechner, A., Patzl, C.D., Dietrich, H., Netze, M, Böhm, V., Bitsch, I., Bitsch, R. (1999) Veränderung des Polyphenolgehaltes und der Antioxidativen Kapazität von Fruchtsäften während der Herstellung. Proceedings of the German Nutrition Society. 36. Wissenschaftlicher Kongress, P10. gefunden am 30.01.2006 unter http://www.dge-medienservice.de

Weblinks