Apfeltriebsucht

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Apfeltriebsucht
Candidatus Phytoplasma mali
Synonyme
Besentriebigkeit, Viröse Kleinfrüchtigkeit, Apple proliferation mycoplasm
AT Nebenblätter3.jpg
links: vergrößerte Nebenblätter
Systematik
Abteilung Firmicutes
Klasse Mollicutes
Ordnung Acholeplasmatales
Familie Acholeplasmataceae
Gattung Candidatus “Phytoplasma”

Die Apfeltriebsucht (Candidatus Phytoplasma mali) wurde erstmals in Italien im Jahr 1950 beschrieben, während ihr tatsächliches erstes Auftreten an Apfel bisher nicht bekannt ist. [1] [2] Der wirtschaftliche Schaden der Krankheit entsteht durch die Kleinfrüchtigkeit der infizierten Bäume, da die Früchte keine marktfähige Größe erreichen, schlecht ausgefärbt sowie geschmacklos sind. Dies betrifft während der akuten Phase der Krankheitsentwicklung mehr als 80% der Früchte an einem infizierten Baum. [3]

Verbreitung

Bisher ist das Auftreten der Apfeltriebsucht in Europa bekannt, dies insbesondere in den wärmeren Gebieten von Zentral-Europa und den nördlichen Gebieten Südeuropas. Die Verbreitungslinie wurde von den südlichen Niederlanden im Westen durch Bonn, Thüringen, Südpolen bis an die Schwarzmeerküste Moldawiens bestimmt [3] [4]. 1998 wurde die Krankheit auch vereinzelt nördlich dieser Grenze nachgewiesen [5]. In Nordamerika wurde die Apfeltriebsucht bisher nicht nachgewiesen. Unveröffentlichte Daten lassen aber ein Auftreten der Krankheit im asiatischen Teil der Türkei vermuten [3].


Schadbild

Befallene Bäume sterben nicht ab (Ausnahme: sehr junge Bäume und hypersensitive Genotypen). Das Wurzelwachstum und damit die Wuchs- und Ertragsleistung sind jedoch stark beeinträchtigt. Viele Bäume können sich jedoch nach ein paar Jahren wieder erholen, bleiben aber normalerweise zeitlebens infiziert. Ein Charakteristikum der Krankheit ist deshalb ein Auftreten in Befallschüben. Die letzte Epidemie begann Ende der 90iger Jahre in Südwestdeutschland sowie in Norditalien (Trentino) [3].

Typisches Symptom in der Schockphase ist die sogenannten Besentriebigkeit, die sich durch den vorzeitigen Austrieb ruhender Seitenknospen, verbunden mit dem Zurückbleiben des Haupttriebes ergibt. Der Besenwuchs beschränkt sich auf das obere Drittel stark wachsender Triebe. Es entwickeln sich viele, dünne, steil aufwärts gerichtete Triebe, die in vielen Fällen von Mehltau befallen sind.

Der Blattaustrieb im Frühjahr kann vorzeitig erfolgen, die Blätter sind insgesamt kleiner und auffallend ist die Ausbildung von vergrößerten Nebenblättern sowohl an Kurz- als auch an Langtrieben. Einjährige Triebe können zur Terminalen hin stark gestaucht sein (Internodien sind verkürzt).

Eine vorzeitige rötliche bis violette Herbstfärbung der Laubblätter ist möglich. Die Früchte zeigen Kleinfrüchtigkeit, sind schlecht ausgefärbt, die Fruchtstiele sind deutlich verlängert und schmecken oft fade. Die Ertragsminderung kann 60-70% betragen. Die Wuchsleistung des Baumes ist infolge geringeren Wurzelwachstums meist unbefriedigend.

Sichere Symptome für eine Infektion mit Candidatus Phytoplasma mali zeigen sich vorwiegend im Herbst. Dazu zählen die Ausbildung von Hexenbesen und die vergrößerten, gezahnten Nebenblätter.

Unsichere Symptome wie Kleinfrüchtigkeit, gestauchte Triebe, Nachblüte und Rotlaubigkeit können ein Zeichen für eine Infektion mit Apfeltriebsucht sein. Treten im Herbst jedoch an den Bäumen die unsicheren Symptome in Kombination auf (z.B. rotlaubiger, kleinfrüchtiger Baum mit gestauchten Trieben), kann von einer Infektion ausgegangen werden.


Wirtspflanzen

Krankheitserreger sind keine Viren, sondern mycoplasmaähnliche Organismen in den Siebröhren befallener Pflanzen. Der Wirtspflanzenkreis umfasst Malus-Arten. Es kann jede Apfelsorte befallen werden. Die Pflanzen können latent befallen sein und zeigen daher über mehrere Jahre hinweg keine sichtbaren Symptome.

Neben Malus-Arten wurde Candidatus Phytoplasma mali in Italien auch in Haselnuss (Corylus avellana) und in Deutschland in der Ackerwinde (Convolvulus arvensis) und im Weißdorn (Crataegus monogyna) nachgewiesen. Die Bedeutung dieser Pflanzen als Zwischenwirte für diese Krankheit ist bisher ungeklärt. Für die Verbreitung des Pathogens scheint eher das Auftreten der Vektoren eine Bedeutung zu haben [3].

Übertragung

Die Übertragung der Krankheit ist durch infizierte Edelreiser und Unterlagen möglich.

Die sehr rasche Ausbreitung innerhalb einer bestehenden Obstanlage kann durch tierische Vektoren (Phloemsauger wie Zikaden oder Blattsauger) erfolgen. In Südwestdeutschland gilt die Blattsaugerart Cacopsylla picta als Hauptüberträger.

Eine Übertragung durch Wurzelverwachsungen könnte einen herdweisen Befall in Obstanlagen erklären. Auch Pfropfung gilt als Auslöser der Krankheit. Insgesamt sind die Übertragungsmöglichkeiten noch nicht abschließend geklärt.

Quelle

  1. Rui, D., Ciferri, R. & Refatti, E., 1950: La virose degli "scopazzi del melo" nel Veronese. Notiz. Malatt. Piante, 13, 7-11.
  2. Refatti E. and Ciferri R., 1954: La virosi del tipo a scopazzi in vivai di melo. Ann. Sperim. Agr., 8: 1543-1556.
  3. a b c d e Dr. W. Jarausch: Informationen zur Apfeltriebsucht. RLP AgroScience GmbH
  4. Kunze, L. 1989: Apple proliferation. 99−113. In Fridlund PR (ed), Virus and virus−like diseases of pome fruits and simulating noninfectious disorders. Pullman, Washington, USA: Washington State University.
  5. Seemüller, E., Kison, H. & Lorenz, K.-H., 1998: On the geographic distribution and prevalence of the apple proliferation phytoplasma in low-intensity orchards in Germany. Z PflKrankh. PflSchutz 105, 404-410.

Weblinks