Ökologische Steinobstproduktion

Aus Hortipendium
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Kirschblüte in der fränkischen Schweiz

Die ökologische Steinobstproduktion hat im Vergleich zur ökologischen Kernobstproduktion nach den Richtlinien der EG-Öko-Basisverordnung (EG) Nr. 834/2007 und Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 in Deutschland eine untergeordnete Bedeutung. Dabei ist beispielweise die Nachfrage nach ökologisch produzierten Sauerkirschen seitens der Verarbeitungsindustrie durchaus vorhanden.

Für eine erfolgreiche ökologische Steinobstproduktion ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Produktionsfaktoren (Standortbedingung, Sortenwahl, Anbausystem, phytosanitäre Maßnahmen usw.) optimal aufeinander abgestimmt sind. Nur wenn sich alle Produktionsfaktoren im Optimum befinden, individuelle Vermarktungswege gefunden werden weitere Regulierungsmöglichkeiten für indirekte und direkte Maßnahmen entwickelt werden, bietet die ökologische Steinobstproduktion trotz der anbautechnischen Herausforderungen vielfältige Chancen für die Obstbaubetriebe.


Situation in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz, wo der Steinobstanbau traditionell in den Regionen Rheinhessen und Koblenz einen hohen Flächenanteil besitzt, ist der Anteil der ökologischen Steinobstproduktion gering. Im Jahr 2011 wurde in Rheinland-Pfalz auf einer Gesamtfläche von 5287 Hektar Obst produziert. Hiervon wurden 523 Hektar ökologisch bewirtschaftet, dies entspricht einem Anteil von 9,9 %. Von der ökologisch bewirtschafteten Gesamtfläche entfallen 85,5 Hektar mit einem Anteil von 16,3 % (Sauerkirschen 6,4 %, Pflaumen und Zwetschen 6,0 %, Süßkirschen 3,0 %, Mirabellen 0,8 %, Pfirsiche 0,1 %) auf die Steinobstproduktion.

Produktionsbedingungen

Ungelöste Bekämpfungstrategien

Die Ursachen für den geringen Flächenanteil im Steinobstanbau liegen unter anderem in den zahlreichen ungelösten Bekämpfungsstrategien für einige Schadinsekten und Schaderreger begründet.

Im biologischen Anbau von Süß- und Sauerkirschen ist die Regulierung der Kirschfruchtfliege entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg der Kultur. In den letzten Jahren ist in Sauerkirschen ein Befall mit der Amerikanischen Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cingulata) in verschiedenen Anbauregionen aufgetreten und stellt aufgrund fehlender Regulierungsmöglichkeiten eine ernstzunehmende Gefahr für die ökologische Sauerkirschproduktion dar. Der Anbau von frühen Süßkirschensorten bis zur dritten Kirschfruchtwoche ist hinsichtlich der Europäischen Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cerasi) unproblematisch, bei spätreifenden Sorten kann es aufgrund der Vermadung mit Kirschfruchtfliegen zu einem Totalausfall kommen. Die momentan vorhandenen direkten Regulierungsmöglichkeiten sind sowohl in Sauer- als auch in Süßkirschen nicht zufriedenstellend.

Für einen erfolgreichen biologischen Anbau von Pflaumen und Zwetschen ist die Regulierung des Pflaumenwicklers (Cydia funebrana) und der Fruchtmonilia (Monilia fructigena) entscheidend. Jedoch ist deren Regulierung zurzeit noch nicht zufriedenstellend gelöst.

Sortenwahl

Bei der Sauerkirschenproduktion ist die Sortenwahl, aufgrund der hohen Anfälligkeit der Sauerkirsche gegenüber der Spitzendürre Monilia laxa, von entscheidender Bedeutung. Aus Sortensichtung unter Bedingungen des ökologischen Anbaus kristallisieren sich, aufgrund ihrer Robustheit und ihres Ertragspotentials, interessante Sauerkirschsorten heraus.

Schattenmorelle:
Die ertragsreiche Standardsorte ’Schattenmorelle’ ist für die ökologische Produktion, aufgrund ihrer hohen Anfälligkeit gegenüber Monilia laxa, ungeeignet. Daher werden bei der Erstellung einer Neuanlage weniger empfindliche Sorten gepflanzt.

Ungarische Traubige (Kindelbrück):
In der Vergangenheit wurde hauptsächlich die Sorte ’Ungarische Traubige’ (Kindelbrück) verwendet. Die Sorte ’Morina’, die für die Frischmarktung gut geeignet ist, verfügt über einen sehr guten gesunden Blattstand und besitzt gegenüber anderen Sorten eine deutlich geringere Anfälligkeit gegenüber Monilia laxa und der Sprühfleckenkrankheit (Blumeriella jaapii). Jedoch ist das Ertragsverhalten auf starkwachsenden Unterlagen zurzeit nicht zufriedenstellend. Abhilfe soll die Verwendung von schwachwachsenden Unterlagen bringen.

Safir:
Eine weitere Sorte ist ’Safir’, die aufgrund ihrer Fruchtgröße und inneren Fruchteigenschaften für die ökologische Sauerkirschenproduktion immer mehr in den Fokus rückt. Das Ertragsverhalten ist ähnlich wie bei der ’Schattenmorelle’. Die Moniliaanfälligkeit ist deutlich unter der ’Schattenmorelle’, ähnlich der ’Ungarischen Traubige’. Jedoch ist die Anfälligkeit gegenüber der Sprühfleckenkrankheit wie bei ’Schattenmorelle’ einzustufen. Hier ist es unerlässlich bei Infektionsbedingungen ab der Nachblüte Behandlungen mit einem Netzschwefelpräparat (Kumulus WG) durchzuführen.

Jade:
Eine weitere interessante Sauerkirschsorte für die ökologische Produktion ist ’Jade’. Diese Sorte zeichnet sich neben ihrem sehr guten Geschmack vor allem durch ihre hohe Produktivität aus. Die Anfälligkeit gegenüber Monilia laxa und der Sprühfleckenkrankheit ist vergleichbar mit ’Safir’ und ’Ungarischen Traubige’. Die Früchte besitzen einen hohen Zuckergehalt und sind sowohl sehr gut für den Frischmarkt als auch für die Konserve geeignet. Auch in der Saftindustrie kann die Sorte verwendet werden, jedoch besitzt sie weniger Säure als ’Schattenmorelle’ und ’Safir’.

Mechanische Bodenbearbeitung

Ladurner Krümel Modell 7

Die Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise führt zu einer Reihe gravierender Veränderungen in den Produktions- und Betriebsabläufen. Besonders die Bearbeitung des Baumstreifens mittels Unterstockräumern bedarf einer guten Organisation im Hinblick auf das Zeitmanagement. Jedoch ist durch die Weiterentwicklung des einseitigen Unterstockräumers zu der zweiseitigen Ausführung eine enorme Zeitersparnis möglich. Die höheren Anschaffungskosten der zweiseitigen Geräte können bei den gestiegenen Energie- und Lohnkosten sehr schnell eingespart werden. Durch die mit diesem technischen Fortschritt verbundene Zeit-, Energie- und Kostenersparnis wird die Bodenbearbeitung im ökologischen Obstbau deutlich vereinfacht.

Vermarktung

Des Weiteren entscheidet neben den Produktionsbedingungen auch eine reibungslose Vermarktung über eine wirtschaftlich erfolgreiche Steinobstproduktion. Individuelle Vermarktungswege, die einen reibungslosen Absatz gewährleisten, müssen erst noch gefunden werden. Hierfür fehlt jedoch zurzeit noch in einigen Regionen eine schlagkräftige Vermarktungsorganisation.

Quelle

  • Jürgen Zimmer (2011): Ökologische Steinobstproduktion. DLR Rheinpfalz, Kompetenzzentrum Gartenbau. Oppenheim.