Schlehen

Aus Hortipendium
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Gewöhnliche Schlehe
Prunus spinosa
Linné, 1753
Synonyme
Schwarzdorn, Dornstrauch, Schlehdorn
Closeup of blackthorn aka sloe aka prunus spinosa sweden 20050924.jpg
Systematik
Klasse Bedecktsamer
Magnoliopsida
Gruppe Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung Rosenartige
Rosales
Familie Rosengewächse
Rosaceae
Gattung Schlehe
Prunus

Die Schlehe (Prunus spinosa) gehört wie die meisten Obstarten zur Familie der Rosengewächse. Innerhalb der Steinobstgewächse ist sie in der Gattung Prunus zugeordnet, der Artname spinosa gibt einen Hinweis auf das Aussehen der Triebe, denn spinosus bedeutet dornig, bedornt. Deshalb wird sie im Volksmund auch „Dornstrauch“ oder „Schlehdorn“ genannt. Die Schlehe zählt zu den Wildfrüchten. Unter Wildfrüchten wurden ursprünglich alle Obstarten zusammengefasst, die nur wenig züchterisch bearbeitet wurden und deren Früchte für den Menschen genießbar sind oder eine untergeordnete Rolle, die so genannten Nischenprodukte, im Anbau darstellten. Wildfrüchte sind des Weiteren oftmals in der Kulturlandschaft als wild wachsende Heckengehölze vorzufinden. Heutzutage sind jedoch schon viele Wildfrüchte züchterisch bearbeitet worden, wie z. B. die Kulturformen von Holunder (Sambucus nigra) und Mispel (Mespilus germanica). Weiterhin werden auch Wildfrüchte wie z.B. die Schlehe (Prunus spinosa) durch selektive Auslesen aus der Natur für die obstbauliche Nutzung und somit für einen plantagenmäßigen Anbau genutzt. Schlehen können besonders zur Herstellung von Destillaten interessant sein.

Verwendung

Verarbeitungsmöglichkeiten der Schlehe

In der freien Landschaft ist die Schlehe (Prunus spinosa) ein wichtiges Heckengehölz, welches vielen Tierarten insbesondere Vögeln als Schutz, Nistplatz sowie Nahrungsquelle dient.

In Plantagen werden Schlehen lediglich in geringem Umfang angebaut.

In der Pharmaindustrie finden Schlehen zur Herstellung von Elixieren, Tees, Säfte usw. zunehmend Verwendung. Verarbeitet werden neben den Früchten auch Blüten, Blätter und Triebspitzen. Der Bedarf von Schlehen in der Pharmaindustrie wird überwiegend aus Wildsammlungen aus osteuropäischen Ländern gedeckt.

Desweiteren eignen sich Schlehen hervorragend zur Herstellung von hochwertigen Destillaten. Sie erreichen bei der Ernte Oechslegehalte zwischen 80 und 120 °Oechsle und eine Ausbeute l/reiner Alkohol pro 100 kg Rohstoff von 2,5 bis 4,5 Liter. Mit einem Schlehendestillat wird die Produktpalette um einen sehr interessanten und geschmackvollen Brand erweitert, der zur Kundenbindung beitragen kann. Auch in Feinkostläden werden Artikel mit Schlehen geführt.


Standort und Wuchs

Schlehen bevorzugen sonnige, lehmige und kalkhaltige Böden, in Mitteleuropa kommen sie bis in Höhenlagen von 1000 m vor. In freier Natur wächst sie als Strauch, kann aber im Garten auch sehr gut als Baum erzogen werden. Der Wuchs ist eher langsam und schwach, so dass sie auch im ausgewachsenen Zustand nicht mehr als 3 m erreicht. Schlehen sind gut schnittverträglich und können deshalb auch leicht in Form gehalten werden. Wie im Artnamen schon angedeutet, wächst sie sehr dicht und bildet echte Dornen aus. Dornen sind verholzte Sprossumwandlungen, im Gegensatz zu den Stacheln, z. B. bei der Rose, die botanisch gesehen Ausstülpungen der Rinde sind und leicht mit dem Daumen abgedrückt werden können.

Blüte und Frucht

Von besonderem Zierwert ist die überreiche und regelmäßige Blüte ab März bis April, die für die Nektarbesucher eine üppige Bienenweide darstellt. Die dekorativen Früchte sind von stahlblauer Farbe und – ähnlich wie die Zwetschen - von einem Duftfilm überzogen und reifen im Oktober. Wilde Vorkommen erreichen eine durchschnittliche Fruchtgröße von etwa 1 cm, Kultursorten werden etwa 2 cm groß. Einige Gründe haben dazu geführt, das eine Verwertung zu Gelee, Saft, Likör, Branntwein oder Kompott etwas aufwändiger, aber durchaus lohnenswert ist: Neben der mühsamen Ernte führt das ungünstige Verhältnis zwischen Stein und Fruchtfleisch zu geringen Ausbeuten. Von größerer Bedeutung ist aber, dass das Fruchtfleisch aufgrund seines hohen Gerbstoffgehaltes roh nicht genießbar ist. Erst durch Frosteinwirkung werden diese abgebaut und es entwickelt sich der typische herb-aromatische Schlehengeschmack.

Anbau

Der Schlehenanbau ist in Deutschland eine reine Nische, die von Obstbaubetrieben auf kleiner Fläche durchgeführt wird, die neben dem Obstbau auch eine Brennerei betreiben. Um den Schlehenanbau wirtschaftlich zu gestalten, sind großfruchtige Sorten notwendig. Hier wurden am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz zwei Selektionen nach der Prüfung auf Anbau- und Verarbeitungseignung selektiert (siehe Sorten). Als Erziehungssytem bietet sich entweder die Erziehung am Drahtgerüst oder die Einzelbaumpflanzung an. Die Erziehung am Drahtgerüst erzielt eine möglichst schmale Heckenform, die eine mechanische Ernte ermöglicht (Pflanzabstand: 3,00 m x 1,20 m). Bei einer Einzelbaumpflanzung mit einem weiteren Pflanzabstand ((4,00 m) 4,50 m x 2,50 m (3,00 m)) kann die Erntetechnik zum Einsatz kommen, wie sie auch im Steinobstbereich zum Schütteln von Kirschen und Pflaumen angewendet wird.

Unterlagen

Generell können Schlehen auf alle Unterlagen veredelt werden, die auch bei Pflaumen und Zwetschen Verwendung finden. Jedoch liegen positive Erfahrungen nur bei den Unterlagen Myrobalane, St. Julien, St. Julien 655/2 und Fereley vor. Bei anderen Unterlagen könnten ähnlich wie bei der Unterlage Ishtara Unverträglichkeiten auftreten.

Sorten

Besonders interessant ist die Selektion ‘Nittel’, die aufgrund ihrer Frucht-, Anbau- und Verarbeitungseigenschaften die wertvollste Sorte darstellt. Durch die großen Früchte und den schwachen Wuchs wird bei der Sorte ‘Nittel’ eine hohe Pflückleistung erreicht. Gleichzeitig ist bei dieser Sorte der geringste Schnittaufwand zu verzeichnen. Um eine bessere Befruchtung zu gewährleisten, ist es sinnvoll, auch bei den überwiegend selbstfertilen Schlehen keine sortenreine Aufpflanzung durchzuführen. Daher wird bei einer Schlehenpflanzung die Sorte ‘Nittel’ als Hauptsorte empfohlen. Als Nebensorte wird die Sorte ‘Merzig’, aufgrund ihrer Fruchtgröße und des schwächeren Wachstums sowie ihrer Eignung zur Destillatgewinnung empfohlen. Die Selektion ‘Trier’ ist in der Fruchtgröße und Wuchseigenschaft der Wildschlehe am ähnlichsten.

Ø-jährliche Werte (1996 - 2004), Standort Ahrweiler (111m über NN), Ø-Jahrestemp. 9,6 °C, Ø NN 630 mm, Ø Sonnenscheindauer 1400h, Baumerziehung am Drahtgerüst
Selektion Merzig Trier Nittel Godenhaus Graphik
Fruchtgröße
(mm)
16,2 12,61 16,39 17,41 Übersicht Fruchtgröße
100-Fruchtgewicht
(g)
329,0 145,6 324,0 386,8 Übersicht 100-Fruchtgewicht
Ertrag
(kg/Baum)
2,331 1,996 3,657 5,749 Übersicht Baumertrag
Pflückleistung
(kg/h)
10,7 4,9 10,6 12,6 Übersicht Pflückleistung
Schnittleistung
(min/Baum)
5,9 8,1 5,3 7,4 Übersicht Schnittleistung

Ernte

Schlehen-Hecke vor der Ernte

Die Ernte benötigt bei Schlehen wie bei den meisten Kulturen auch den höchsten Arbeitszeitbedarf. Hierbei üben verschiedene Faktoren wie das Pflanzsystem, die Bedornung der Sorte, die Behangdichte und in erheblichem Maß die Fruchtgröße Einfluss auf die Pflückleistung aus. Die Ernte erfolgt in der Regel nach den ersten Frostnächten, da durch Frosteinwirkung der herb-saure und adstringierend wirkende Geschmack der Früchte gemildert wird und diese dann süß-säuerlich schmecken. Aber selbst nach Frosteinwirkung sind Schlehen für den Frischverzehr nicht geeignet, sondern erlangen erst nach einer Verarbeitung zu Marmelade, Gelee, Sirup, Saft, Likör, Destillat usw. einen vorzüglichen Geschmack.

Bei kleineren Flächen ist eine Ernte nur von Hand möglich. Generell ist auch eine maschinelle Ernte der Schlehen mit einem Vollernter vorstellbar. Voraussetzung hierfür ist neben der entsprechenden Flächengröße, die einen rentablen Einsatz eines Vollernters ermöglicht, die für maschinelle Ernte benötigte Erziehungsform. Ein Schlehenquartier, welches als Spindelanlage erzogen wurde, könnte mit den üblichen Vollerntern geerntet werden, die bei Kirschen und Pflaumen zum Einsatz kommen. Eine als schmale Hecke erzogene Schlehenanlage könnte mit einem modifizierten Traubenvollernter geerntet werden.

Am Versuchsstandort Ahrweiler erfolgte die Schlehenernte in 7 von insgesamt 9 Versuchsjahren (im Jahr 1997 (20. Oktober) und 2001 (10. Dezember)) immer zwischen dem 12.November bis 19. November.

Pflanzenschutz

Schlehen sind botanisch gesehen sehr eng mit Pflaumen und Zwetschen verwandt. Daher können auch viele Schaderreger und Schädlinge, die bei Pflaumen und Zwetschen auftreten die Schlehe befallen. (siehe dazu Pflanzenschutz in Pflaumen)

Schädlinge

Pflaumengespinstmotten (Swammerdamia-Arten und Yponomeuta-Arten z.B. Yponomeuta padella)

Sie können regelmäßig und zum Teil massenweise auftreten.Sie bilden im späten Frühjahr dichte Gespinste, die oft den gesamten Baum einhüllen. In ihnen fressen die gelbgrauen bis grünlichen Raupen mit dunkler Rückenlinie und dunklem Kopf.

Blattverkrüppelungen an Pflaume
Kleine Pflaumenlaus (Brachycaudus helichrysi)
häufig
Link zum Bild Kleine Schlehenblattlaus (Brachycaudus prunicola )
Link zum Bild Klein-Zikaden (Cicadellidae) (z.B. Fieberiella septentronalis, die Gemeine Strauchzirpe)
häufig
Pflaumenwickler (Cydia funebrana)
zum Teil starker Befall
Schlehenwickler (Hedya pruniana)
Schlehenspinner (Orgyia antiqua )
Schlehenfrostspanner (Phigalia pilosaria)
Larve der Schleheneule
Schleheneule (Acronicta psi )
Link zum Bild Schlehenfalter (Thecla pruni )
Schlehenfedergeistchen (Pterophorus pentadactylus )
Link zum Bild Schlehenherbstwollafter (Eriogaster catax)
Link zum Bild Schlehenzünsler (Numonia suavella )
Link zum Bild Schlehenblattwespe (Micronematus monogyniae )
Link zum Bild Schlehenbeutelgallmilbe (Eriophyes similis prunispinosa)


Krankheiten

Schadbild an Mirablle
Narren- und Taschenkrankheit (Taphrina pruni)

Kann zu hohen Ertragseinbußen führen

Link zum Bild Schrotschusskrankheit (Stigmina carpophila)
selten
Schadbild an Pflaume
Zwetschenrost (Tranzschelia pruni spinosae)
selten
Schadbild an Pflaume
Scharka-Virus (Plum-Pox-Virus )

Schlehen können ebenfalls von dem Scharka-Virus befallen werden. Wilde wachsende Schlehenhecken stellen daher als mögliche Virusüberträger ein Problem für den Pflaumen- und Zwetschenanbau dar.

Quellen

  • Jürgen Zimmer (2011): Die Schlehe (Prunus spinosa). DLR Rheinpfalz - Kompetenzzentrum Gartenbau. Rheinbach.