Pseudomonas-Bakterienbrand an Prunus-Gehölzen

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Bakterienbrand an Prunus-Gehölzen
Pseudomonas syringae pv. syringae Pseudomonas syringae pv. mors-prunorum
Pseudomonas-Blattsymptome an Zwetsche.jpg
Pseudomonas Blattsymptome an Zwetsche
Systematik
Abteilung Proteobacteria
Klasse Gammaproteobacteria
Ordnung Pseudomonales
Familie Pseudomonadaceae
Gattung Pseudomonas


An Prunus-Gehölzen kann es immer wieder zu Schäden durch pflanzenpathogene Bakterien aus der Gruppe der Pseudomonaden kommen. Landläufig bezeichnet man die Krankheit als Bakterienbrand. Hinter diesem Begriff verbergen sich aber unterschiedlichste Symptome. Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Krankheit, sowohl bei den Obstarten wie Kirschen, Zwetschen und Pfirsich als auch an Prunus-Ziergehölzen wie Zierkirsche und Kirschlorbeer, aber auch an Ziergehölzen anderer Pflanzengattungen wie Flieder ("Fliederseuche") und Forsythie. Insbesondere feuchte Witterungsbedingungen begünstigen Infektionen. Da das Auftreten von Pseudomonas sehr stark von den jeweiligen Feuchte- und Temperaturbedingungen zur Zeit der Blüte, der Fruchtreife und während des Blattfalls im Herbst abhängt, wechseln sich "Befallsjahre" und Jahre, in denen fast keine Symptome erkennbar sind, ab.

Am Krankheitsgeschehen beteiligte Pseudomonas-Arten

Aus der Vielzahl der Pseudomonas-Arten und –typen, die in der Literatur beschrieben sind, findet man als wichtige Krankheitserreger an Prunus vor allem Pseudomonas syringae pv. syringae und Pseudomonas syringae pv. morsprunorum. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche "Pathovare", abgekürzt "pv.", (d.h. Typen oder Stämme von Krankheitserregern, die sich im Infektionsverhalten und ggf. auch in Stoffwechseleigenschaften unterscheiden) von P. syringae, einer Art, von der sehr viele Pathovare beschrieben sind. Generell wird das Pathovar syringae eher als schädigend an Süßkirsche, Pfirsich, Aprikose und Ziergehölzen eingestuft. Das Wirtspflanzenspektrum von P. syringae p.v. syringae umfasst mehr als 100 ein- und zweikeimblättrige Pflanzenarten, darunter neben Prunus-Arten auch viele Gemüse-, Zierpflanzen- und Ackerbaukulturen. Das Pathovar morsprunorum schädigt vor allem Sauerkirsche und Zwetsche.

Krankheitsbild

Die Symptome des Bakterienbrandes können äußerst vielfältig sein. Man unterscheidet Blattflecken, Blütenfäule, schwärzliche Fruchtflecken, Rindennekrosen (so genannter Rindenbrand), Triebsterben und schließlich auch Baumsterben (z.B. häufig bei Zwetschen). Die Blattsymptome äußern sich zunächst als Wasser durchsogene, fahle Flecke, die später schwärzlich nekrotisieren und ausfallen und dann Schrotschuss-artig aussehen. Die Rindennekrosen (sog. Rindenbrand) stellen aufgerissene Wucherungen dar, die sowohl an kleineren Trieben als auch an größeren Ästen auftreten und bis zu 10-15 cm Länge erreichen können. Sie können den gesamten Ast umfassen und gelegentlich bildet sich im Frühjahr auch Gummifluss. Stärkere Stamminfektionen führen zum Absterben die Bäume. Die Art der ausgebildeten Symptome ist mehr vom Zeitpunkt der Infektion und vom betroffenen Pflanzenteil abhängig als von den oben beschriebenen Pathovaren, denn i.d.R. ist anhand der Symptome eine Zuordnung zu den Pathovaren nicht möglich.

Verwechslungsgefahr: Schrotschuss-Symptome an den Blättern von Prunus können auch durch Prunus Necrotic Ringspot Virus (PNRSV) oder durch den Pilz Clasterosporium carpophilum hervorgerufen werden. Die Blütenfäule-Symptome werden leicht mit der Blütenfäule durch Monilia-Pilze verwechselt.

Lebensweise (am Beispiel von Pseudomonas syringae p.v. syringae)

Die Überwinterung des Bakteriums kann in Nekrosen und an bzw. in ruhenden Knospen sowie latent im Wirtspflanzengewebe erfolgen. Eine kurzzeitige Überdauerung ungünstiger Perioden ist auch in Boden und Wasser sowie epiphytisch auf Pflanzenoberflächen von Kulturpflanzen und zahlreichen Unkräutern möglich. Von dort nutzen die Bakterien bei Vorhandensein ausreichende Feuchte, insbesondere nach Regen, unterschiedliche Eindringstellen, um in die Pflanze zu gelangen: Spaltöffnungen der Blätter, Hydatoden, Blüten (Narbe, Blütenboden), Rindenrisse (nach Frost oder mech. Verletzungen, in Astgabeln….), Blattnarben im Herbst, noch offene Schnittstellen. Als häufige Phasen der Krankheitsentwicklung unterscheidet man:

1.) Infektionen über Blattnarben im Herbst mit Ruhephase bis Frühjahr: Als Folge der weiteren Befallsausbreitung sterben im Frühjahr Knospen und Triebe ab, danach Vordringen in das Rindengewebe kleinerer Äste, Gummifluss; meist kommt es zum Entwicklungsstillstand ab Frühsommer; der Erreger dringt nicht bis in den Stammbereich vor;

2.) Infektionen im Frühjahr, ausgehend von epiphytischen Populationen: Hier sind vor allem Blattknospen und junge Blätter betroffen; von dort greift der Erreger über Gefäßbündel auf Triebe über (mit Bakterienschleim); anschließend erfolgt sekundäre Verbreitung auf Blüten/Früchte und Ausbreitung über Fruchtstielnarben; Bei diesem Befallsverlauf kann man häufig die sog. "Eiskern-Aktivität" dieser Pseudomonaden beobachten: Sie führt dazu, dass schon bei Frostgraden, die normalerweise dem befallenen Gewebe (z.B. Blüten) noch nicht schaden, typische Symptome auftreten.

3.) Infektionen über Frostrisse: Hier erfolgt die Ausbreitung direkt im Rindengewebe und es kommt zu starkem Gummifluss. Breitet sich die Nekrose Stamm umfassend aus, dann wird das Leitgewebe des Baumes zerstört und damit die Krone von der Nährstoffversorgung abgeschnitten. Die Folge ist eine plötzliche Welke. Während sich ein Baum in der Vegetationsperiode durch die Bildung von Kallusgewebe und anderen unspezifischen Abwehrreaktionen gegen Pseudomonas-Infektionen wehren kann, ist das während der Vegetationsruhe aufgrund der reduzierten Stoffwechselaktivität nicht der Fall.

Je nach Infektionsbedingungen und Anfälligkeit des Wirtes kann es im Sommer zu (vorübergehendem) Stillstand kommen. Evtl. ist auch die Pathogenität des Isolates von Bedeutung.

Günstige Witterungsbedingungen für Krankheitsausbreitung

Das Optimum für Krankheitsentwicklung liegt zwischen 15° - 17°C. Als Temperaturspanne für das Bakterienwachstum gelten: Min. >0°C / Opt. 25°C / Max. <35°C Günstig für die Krankheitsentwicklung sind
a) niederschlagsreiches Wetter während der Vegetationsperiode und
b) Winter, in denen sich Frostperioden mit mild-feuchten Phasen abwechseln.

Bekämpfung

Die Bekämpfung von Pseudomonas an Gehölzen ist äußerst schwierig und erfordert das Zusammenspiel möglichst vieler Einzelmaßnahmen, denn jede von ihnen hat nur ein begrenztes Wirkungspotential. Nachfolgend sind die Möglichkeiten und Grenzen stichwortartig aufgelistet.

  • Es sind keine Bakterizide einsetzbar;
  • Es sind keine resistenten Sorten bekannt; eventuell auftretende Anfälligkeitsunterschiede zwischen Sorten sind nicht systematisch dokumentiert;
  • Folgende vorbeugende Maßnahmen können wirkungsvoll sein: Lage beachten (nicht Frost-gefährdet, keine Staunässe, keine Bodentrockenheit), angepasste Düngung ("ruhiger" Baum im Herbst), möglichst kein Schnitt in Vegetationsruhe (Schnittstelle lange offen), möglichst kein Schnitt bei nasser Witterung, Nekrosen rechtzeitig ausschneiden, Wundverschlussmittel einsetzen;

Quellen

Heinze, Kurt (4. Aufl. 1978): Leitfaden der Schädlingsbekämpfung, Band II: Schädlinge und Krankheiten im Obst- und Weinbau. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart. ISBN 3804704832

Franz Nienhaus, Lothar Kiewnick (1998): Pflanzenschutz bei Ziergehölzen. Ulmer. Stuttgart (Hohenheim). ISBN 978-3-8001-5291-9

J. M. Ogawa, E. I. Zehr, G. W. Bird, D. F. Ritchie, K. Uriu, and J. K. Uyemoto (eds) (1995): Compendium of Stone Fruit Diseases. APS Press. St. Paul, MN, USA. ISBN 978-0-89054-174-6

Weblinks

mlr Baden-Württemberg: Pseudomonas syringae als Ursache des Zwetschgensterbens