Echter Mehltau der Weinrebe

Aus Hortipendium
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Echter Mehltau der Weinrebe
Erysiphe necator
Synonyme
Oidium, Uncinula necator, Samenbruch, Kernbruch, weitere siehe Species Fungorum
Oidium an Trauben (9).jpg
befallene Traube
Systematik
Abteilung Schlauchpilze
Ascomycota
Unterabteilung Echte Schlauchpilze
Pezizomycotina
Klasse Leotiomycetes
Unterklasse Leotiomycetidae
Ordnung Erysiphales
Familie Erysiphaceae
Gattung Erysiphe
Hauptfruchtform Erysiphe necator
Nebenfruchtform Oidium tuckeri

Der Echte Mehltau der Weinrebe ist eine pilzliche Erkrankung die durch die Nebenfruchtform Oidium tuckeri des Echten Mehltaus Erysiphe necator hervorgerufen wird. Bei Oidium handelt es sich um eine Pilzgattung, die häufig im Weinbau vorkommt.

Krankheitsbild

Im Frühjahr zeigt sich der erste Befall häufig an den jungen Trieben, die dann im Wachstum zurückbleiben und einen grau-weißen Belag aufweisen (Zeigertriebe). Dieser wird verursacht durch das auf der Oberfläche wachsende Myzel und den sich daran bildenden Sporen. Von hier aus verbreitet sich der Pilz und kann dann alle grünen Rebteile infizieren. Der auf den infizierten Rebteilen erscheinende, weiß-graue, mehlige Belag lässt sich leicht abwischen. Das Myzel wächst auf der Oberfläche der grünen Rebteile und dringt nur mit Saugorganen (Haustorien) in das Pflanzengewebe ein. Infektionen am grünen Trieb und später auch am Holz sind an den so genannten Oidiumfiguren zu erkennen. Blattbefall beginnt in der Regel an der Blattunterseite, breitet sich aber auch auf die Blattoberseite aus. Trauben werden von Oidium bis zum Weichwerden der Beeren befallen. Die Beerenhaut wird zerstört, die Beeren platzen auf, die Samen werden sichtbar (Samenbruch). Der muffige Geruch, den die Trauben nach Oidiumbefall aufweisen, und die häufig folgende zusätzliche Fäulnis machen die befallenen Trauben für die Weingewinnung unbrauchbar.


Lebensweise

Der Pilz ist ein obligater Ektoparasit und wirtsspezifisch, d. h. er ist stets auf grünes Rebengewebe angewiesen und wächst auf der Pflanzenoberfläche.

Die Überwinterung erfolgt unter unseren Klimabedingungen als Myzel zwischen den Knospenschuppen der Winteraugen. Eine Überwinterung als Winterspore, wie sie vor allem in südlicheren Ländern vorkommt, tritt aber ebenfalls auf.

Bei Knospenbefall breiten sich die Hyphen mit Beginn des Knospenwachstums auf dem Pflanzengewebe aus. Damit ist ein Befall ab Austrieb möglich. Aus den befallen Trieben werden die so genannten Zeigertriebe, an denen eine sehr große Zahl an Konidien (Konidiosporen) entsteht, die durch den Wind schnell verbreitet werden. Gelangen die Sporen auf grünes Rebengewebe bilden sie bei Temperaturen ab 5 °C und ab 40 % rel. Luftfeuchtigkeit einen Keimschlauch aus, der sich wieder zur Hyphe entwickelt. Im Gegensatz zur Peronospora (Falscher Mehltau) benötigen sie dazu kein tropfbares Wasser.

Die Hyphen breiten sich auf dem Pflanzgewebe aus, heften sich mit so genannten Appressorien (Haftscheiben) an der Oberfläche von Epidermiszellen fest und treiben ein Haustorium (Saugfortsatz) in das Innere der Zellen um damit Nahrung aufzunehmen. Erhöhter Befallsdruck entsteht besonders bei Hochdruckwetterlagen mit kühlen Nächten und warmen Tagen. Diese Wetterkonstellation führt nachts meistens zu hoher Luftfeuchtigkeit mit Taubildung. Die Taubildung fördert die Sporenkeimung, und die hohen Tagestemperaturen fördern das Myzelwachstum. Auch wenn sich bei unbeständigem Wetter Regenschauer und Phasen mit hoher Luftfeuchtigkeit abwechseln, steigt die Oidiumgefahr an. Langanhaltende Blattnässe dagegen hemmt die Entwicklung des Pilzes.

Bekämpfung

Bei starkem Vorjahresbefall, sichtbar an den so genannten "Oidiumfiguren" auf dem einjährigen Holz, ist mit der Bekämpfung ab dem Dreiblatt-Stadium (ES 13) zu beginnen. Ansonsten reicht es aus, erst bei Eintreten von für den Pilz günstigen Witterungsbedingungen mit der Bekämpfung zu beginnen. In den Hinweisen des amtlichen Rebschutzdienstes wird rechtzeitig auf eine derartige Situation hingewiesen.
Da sich das Oidiummyzel auf der Pflanzenoberfläche ausbreitet, besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, durch Vernichtung des Myzels die weitere Verbreitung einzudämmen, wenn Mittel mit entsprechender (kurativer) Wirkung zugelassen sind und vertrieben werden. Geschädigte Zellen können aber nicht mehr geheilt werden. Die vorbeugende Bekämpfung steht daher auf alle Fälle im Vordergrund.
Die letzte Bekämpfung hat, wie bei der Peronospora, zu Reifebeginn (ES 81) zu erfolgen. Auch wenn die Beeren ab Reifebeginn nicht mehr befallen werden können, ist Spätbefall an den Blättern wegen des damit verbundenen Mostgewichtsverlustes nicht tolerierbar.
Als Bekämpfungsmittel stehen schwefelhaltige Oidium-Präparate und so genannte „organische Oidiumfungizide" zur Verfügung. Im Vorblütebereich wird vorrangig Netzschwefel empfohlen. Mit dem Einsatz von Schwefel vor der Blüte wird die Anwendung organischer Oidiumfungizide reduziert und damit eventuellen Resistenzen entgegengewirkt. Außerdem bringt Schwefel in der vor der Blüte empfohlenen Anwendungskonzentration gute Zusatzwirkungen gegen die Kräuselmilbe und die Blattgallmilbe. Bei der letzten Vorblütebehandlung sollte bereits ein organisches Oidiumfungizid eingesetzt werden. Beim Einsatz organischer Oidiumfungizide sind unbedingt die Grundsätze des Antiresistenz-Managements (Wirkstoffwechsel) zu beachten.
Anhand der von lokalen Agrarmessstationen aufgezeichneten Wetterdaten kann der Befallsdruck ermittelt und davon abgeleitet der notwendige Spritzabstand für einzelne Mittel festgelegt werden. Je höher der Befallsdruck ist, desto kürzer müssen die Spritzabstände liegen. Aktuelle Zulassungssituation aus PS Info

Quelle

  • B. Altmayer, B. Fader, M. Harms, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2010): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 6. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße. 
  • P.M. Kirk, P.F. Cannon, D.W. Minter and J.A. Stalpers CABI Europe - UK (Hrsg.) (2011): Ainsworth & Bisby's Dictionary Of The Fungi. 10. Auflage. CPI Group (UK) Ltd. Croydon. ISBN 978-1-84593-933-5

Weblinks