Obst und Gemüse – Studien zur Alterserscheinung

Aus Hortipendium
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Gebrechlichkeit

[1]Lycopin erhöht Rüstigkeit im Alter
In der sogenannten Nun - Studie wurde bei einer Gruppe von 77 - 98-jährigen Frauen ein enger Zusammenhang zwischen dem „funktionalen Status“, d.h. der Unabhängigkeit von Hilfe bei täglichen Verrichtungen und dem Lycopingehalt im Blutplasma festgestellt. Je höher der Lycopingehalt war, desto besser war auch der Gesamtstatus oder die Rüstigkeit. Lycopin ist ein Carotinoid, das hauptsächlich in Tomaten und Hagebutten vorkommt.

Bessere Beweglichkeit im Alter bei hohem Gemüse- und Obstverzehr
In einer italienischen Studie mit 928 repräsentativ ausgewählten Männern und Frauen im Alter zwischen 65 und 102 Jahren wurde untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Ernährung mit Obst und Gemüse und dem Bewegungsstatus im Alter gibt. Als Test wurde die Gehfähigkeit und die Gehgeschwindigkeit über die Strecke von 4 bzw. 400 Metern gemessen und bewertet (eine schwere Gehbehinderung wurde diagnostiziert, wenn die 4-Meterstrecke nicht oder nur langsamer als 0,4 Meter pro Sekunde zurückgelegt werden konnte). Als Indikator für den Verzehr an Obst und Gemüse wurde der Gehalt an Gesamtcarotinoiden im Blutplasma gemessen (in vorausgegangenen Untersuchungen war nachgewiesen worden, dass man mit diesem Indikator die Aufnahme von Gemüse und Obst eher genauer erfassen kann als mit den oft als unsicher vermuteten direkten Befragungen). Die Testteilnehmer wurden in den Jahren 1998 bis 2000 zum ersten Mal untersucht. Nach Ablauf von 6 Jahren, also 2004 bis 2006 erfolgte ein zweiter Test. Schon zu Beginn der Studie zeigte sich, dass Personen mit einem hohen Plasmacarotingehalt eine statistisch gesichert geringere Wahrscheinlichkeit für schwere Gehbehinderungen hatten und andererseits eine höhere Gehgeschwindigkeit.

[2]Höherer Gemüse- und Obstverzehr vermindert Gebrechlichkeit im Alter
Im Rahmen der sog. Arteriosklerose-Risiko-Studie des Instituts für Ernährung der Universität von North Carolina, USA, wurden 9404 Personen zwischen 45 und 64 Jahren nach ihren Verzehrsgewohnheiten befragt. Gleichzeitig erfasste man körperliche Funktionen wie Muskelfunktion, Aktivität und Beweglichkeit bei der Bewältigung des Alltags bzw. Behinderungen und funktionelle Einschränkungen. Neun Jahre nach der Erstuntersuchung konnte festgestellt werden, dass die Personen, die mehr Obst und Gemüse verzehrten (oberes Drittel gegenüber niedrigstem Drittel) deutlich geringere Behinderungen und Einschränkungen bei der aktiven Bewältigung des Alltags hinnehmen mussten. Die Behinderungen der Beinbeweglichkeit lagen um 38 % niedriger, die Aktivität im Alltag um 48 % höher, wenn mehr Gemüse und Obst verzehrt wurden. Die Autoren folgern aus ihren Untersuchungen, dass ein hoher Verzehr an Gemüse und Obst funktionelle Einschränkungen und Behinderungen vermindern könnte. Sie fordern allerdings weitere Untersuchungen um diesen Effekt abzusichern.

[3]Carotinoide gegen Altersschwäche
In einem Übersichtsartikel befassen sich R. D. Semba und Kollegen von der Medizinischen Fakultät der Johns Hopkins Universität in Baltimore, USA, mit dem Zusammenhang zwischen dem Verlust an Muskelmasse und Kraft bei älteren Erwachsenen und dem Carotinoidgehalt im Blutplasma. Der Sarkopenie genannte Muskelabbau spielt eine große Rolle bei der Entwicklung der Arbeitsunfähigkeit, er erhöht das Risiko für körperliche Beeinträchtigungen, Stürze, Gebrechlichkeit und vorzeitigen Tod. Die Autoren berichten über neuere epidemiologische Untersuchungen in städtischen Heimen, bei denen festgestellt wurde, dass ein niedriger Gehalt an Carotinoiden im Blut mit geringer Muskelstärke und Gehbehinderung im Zusammenhang steht. Die Wirkung der Carotinoide wird auf deren Fähigkeit zurückgeführt, freie Radikale zu unterdrücken, und somit den Schaden der reaktiven Sauerstoffverbindungen zu vermindern. Alternde Muskeln zeigen offenbar erhöhte oxidative Beschädigungen an DNS, Eiweiß- und Fettverbindungen. Es wird betont, dass diese Ergebnisse mit einer wachsenden Zahl von Studien übereinstimmen, in denen eine gemüse- und obstreiche (und damit carotinoidreiche) Ernährung mit einem verminderten Risiko für Entzündungen, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und vorzeitigem Tod verknüpft ist.

Demenz

[4] Die Wahrnehmungs- und Lernfähigkeit älterer Menschen ist auch vom Gemüseverzehr abhängig
In einer amerikanischen Untersuchung mit 1233 Personen im Alter zwischen 70 und 89 Jahren wurde geprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen der sogenannten milden kognitiven Störung und der Ernährung gibt. Unter milder kognitiver Störung wird eine Abnahme des Gedächtnisses bzw. der Wahrnehmungs- und Lernfähigkeit, jedoch unterhalb der Schwelle der Demenz, verstanden. Aus den Ergebnissen dieser Studie kann entnommen werden, dass ein höherer Verzehr von Gemüse im Zusammenhang steht mit einer verbesserten Gehirnleistung. In der Gruppe mit hohem Gemüseverzehr lag das Risiko für kognitive Störungen um 34 % niedriger als bei denen, die wenig Gemüse aßen. (Ein ähnlicher Zusammenhang zeigte sich auch für den Verzehr von ungesättigten Fettsäuren). Insgesamt wirkte sich die sogenannte Mittelmeerkost (viel Gemüse, Obst, Olivenöl, relativ wenig Fleisch, mäßiger Alkoholgenuss) vorbeugend bei Gedächtnisschwäche und Demenz aus, so dass Roberts und Kollegen vom Institut für Epidemiologie an der Abteilung Gesundheitswissenschaften der Mayo-Klinik in Rochester, USA, in der Schlussfolgerung aus ihren Beobachtungen und Berechnungen schreiben: „Gemüse und ungesättigte Fette sowie eine hohe Anpassung an die Mittelmeerdiät können sich günstig auf die kognitiven Funktionen auswirken“.

[5] Weniger Demenz bei Menschen, die neben anderem viel Gemüse und Obst essen
Eine Forschergruppe der Columbia-Universität, New York, fand heraus, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Ernährung und dem Auftreten der Alzheimererkankung besteht. Menschen, die beim Essen Gemüse, vor allem Kreuzblütlerarten (Kohl, Rettich, Kresse, Rucola u.a.), dunkelgrüne Blattgemüsearten und Tomaten sowie Obst, Nüsse, Fisch, Geflügel und pflanzliche Öle (ungesättigte Fettsäuren) bevorzugten, hatten ein um etwa 40 % niedrigeres Risiko, im Alter dement zu werden. G. Yian und seine Kollegen wählten mit Hilfe von medizinischen, neurologischen und neuropsychologischen Untersuchungen rund 2.150 Personen im Alter von 60 oder mehr Jahren ohne Anzeichen von Demenz aus. Diese wurden eingehend nach ihren Verzehrsgewohnheiten und anderen gesundheitlich relevanten Verhaltensweisen oder Gegebenheiten (z.B. Rauchen, Alkohol) befragt.
Die Analyse wurde alle eineinhalb Jahre wiederholt. Nach Ablauf von vier Jahren waren 253 Studienteilnehmer an Alzheimer erkrankt. Unter ihnen waren besonders viele, die wenig pflanzliche Nahrungsmittel zu sich nahmen. Die Autoren vermuten, dass bestimmte Vitamine den für Alzheimer kritischen Homocysteinspiegel senken und dass die reichlicheren antioxidativen Stoffe in der sog. mediterranen Ernährung der Arteriosklerose, Gefäßverschlüssen und Entzündungsprozessen vorbeugen.

[6]Täglich Obst und Gemüse mindert Demenzrisiko um fast 30 %
Wissenschaftler der Universität Victor Segalen in Bordeaux untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und dem Auftreten von Demenz oder Alzheimererkrankung. Dafür wurden in den Jahren 1999 und 2000 in den Städten Bordeaux, Dijon und Montpellier insgesamt mehr als 8000 Personen ohne Demenz im Alter von 65 Jahren und darüber ausgewählt, untersucht und befragt. Innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren erfolgte mindestens eine Nachuntersuchung. Ein unabhängiges Komitee von Neurologen ermittelte im Untersuchungszeitraum 281 Fälle von Demenz und Alzheimer. Bei der Auswertung konnte errechnet werden, dass Personen, die mindestens einmal pro Tag Obst und Gemüse zu sich nahmen, ein um fast 30 % geringeres Risiko hatten, an Demenz zu erkranken – im Vergleich zu denen, die seltener Gemüse und Obst aßen. Um Fehldeutungen zu vermeiden, wurden andere bekannte Risikofaktoren für Demenz, insbesondere Gefäßerkrankungen, bei der Auswertung berücksichtigt. In der Zusammenfassung betonen die Autoren um P. Barberger-Gateau, dass ein häufiger Verzehr von Obst und Gemüse (und auch von Fisch und omega-3-reichen Ölen) das Risiko von Demenzerkrankungen vermindern kann.

[7]Mehr „grün-gelbes“ Gemüse - weniger Alzheimer
In einer japanischen Studie zum Einfluss der Ernährungsgewohnheiten auf Altersdemenz wurde festgestellt, dass Alzheimer-Patienten gegenüber einer gleichaltrigen Kontrollgruppe in den Jahren vor der Erkrankung unter anderem deutlich weniger „grün-gelbes“ Gemüse zu sich genommen hatten. Sie hatten damit weniger Vitamin C und Karotin in ihrer Nahrung. M. Otsuka vom Department of Neurology der Jichi Medical School im Omiya Medical Center in Japan glaubt nach diesen Ergebnissen, dass die Alzheimer-Erkrankung eine sog. Zivilisationskrankheit ist ähnlich wie Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und Allergien. Die Studie hat ergeben, dass Veränderungen im Ernährungsverhalten zur Vorbeugung von Alzheimerkrankheit beitragen können und in begrenztem Ausmaß die Therapie von Demenz unterstützen.

[8]Gemüse-und Obstsäfte können das Risiko für Alzheimererkrankung senken
Personen, die mindestens drei Mal pro Woche Gemüse- und Obstsäfte tranken, hatten gegenüber der Gruppe mit weniger als ein Mal pro Woche ein um 76 % geringeres Risiko, an „Alzheimer“ zu erkranken. Wer pro Woche 1 bis 2 - mal solche Säfte zu sich nahm, reduzierte das Erkrankungsrisiko nur um 16 %. Dies ist das Ergebnis einer sogenannten prospektiven Studie mit 1836 Amerikanern japanischer Herkunft. Bei solchen Studien werden gesunde Personen untersucht und befragt und man beobachtet das Auftreten von Krankheiten im Laufe eines längeren Zeitraumes. Die in die Studie einbezogenen Teilnehmer wurden 1992 erfasst. Sie waren damals frei von Demenzerkrankungen. Die Beobachtung dauerte bis zum Jahr 2001. Bei den Berechnungen wurden die möglichen sonstigen Risiken wie Rauchen, mangelnde Körperbewegung, Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht u. a. statistisch berücksichtigt. Die Autoren Q. Dai und Kollegen vom Department of Medicine, Division of General Internal Medicine and Public Health, Vanderbuilt Center for Health Services Research, Vanderbuilt-Ingram Cancer Center, Vanderbuilt School of Medicine, Nashville, Tenn, USA, vermuten, dass die positive Wirkung der Gemüse-und Obstsäfte von den darin enthaltenen antioxidativ wirkenden Polyphenolen verursacht werden. Sie betonen als Schlussfolgerung aus ihrer Untersuchung: Obst- und Gemüsesäfte können eine wichtige Rolle bei der Verzögerung des Auftretens der Alzheimererkrankung spielen, und zwar besonders bei Menschen, die ein hohes Risiko für diese Erkrankung haben. Sie vermuten, dass diese Erkenntnisse neue Möglichkeiten zur Vorbeugung erschließen.

[9]Bei höherer Flavonoidaufnahme halbiertes Auftreten von Altersdemenz
In einer Studie am Institut National de la Santé et de la Recherche Medical in Bordeaux wurde festgestellt, dass eine höhere Aufnahme von Flavonoiden das Risiko , an Altersdemenz ( Alzheimer) zu erkranken, verringert. In die fünf Jahre dauernde Untersuchung waren 1367 Personen einbezogen, die älter als 65 Jahre waren. Sie wurden unter anderem über ihre Verzehrsgewohnheiten befragt und regelmäßig auf den Gesundheitszustand untersucht. Entsprechend der aus der Nahrung berechneten Flavonoidaufnahme wurden 3 Gruppen gebildet. Als Ergebnis stellten D. Commenges und Kollegen in ihrer Veröffentlichung im European Journal of Epidemiology vom April 2000 fest, dass die Gruppen mit der mittleren und der höchsten Flavonoidaufnahme gegenüber der Gruppe mit der niedrigsten Aufnahme ein um 50 % verringertes Risiko, an Altersdemenz zu erkranken, aufwiesen. Flavonoide sind sekundäre Pflanzenstoffe (oft rot und orangerot gefärbt), die z.B. in Rotkohl, roten Salaten, Auberginen, Rote Bete, Zwiebeln, Kopfsalat, Endivien, Erbsen, Brokkoli, Rosenkohl, Grünkohl, aber auch in vielen Obstarten vorkommen.

[10]Glucosinolate aus Brassica-Arten erhalten die Gedächtnisleistung
Extrakte aus Pflanzen haben offenbar eine vergleichbare Wirkung wie Medikamente, die bei Alzheimerpatienten angewandt werden. Dies geht aus den als bahnbrechend bezeichneten Versuchen von Professor Peter Houghton vom Londoner Kings College hervor. Die Extrakte von Brokkoli, Radies und auch Äpfeln, Orangen und Kartoffeln hemmten in den Untersuchungen den Abbau von Acetylcholin, einer Verbindung, die im zentralen Nervensystem für die Gedächtnisleistung entscheidend ist. Am wirksamsten dabei war Brokkoli. Bei der Suche nach den aktiven Substanzen wurden die in Kohl und anderen Gemüsearten aus der Familie der Kreuzblütler vorhandenen Glucosinolate als Hemmstoffe für den Abbau von Acetylcholin identifiziert. Zwar seien die bisherigen Ergebnisse noch kein Beweis dafür, dass der Verzehr von Brokkoli die Alzheimerkrankheit günstig beeinflusst, aber eine langfristige Einnahme der darin enthaltenen Wirkstoffe könne mit einiger Sicherheit den Abbau des Acetylcholins verlangsamen und damit das Gedächtnis positiv beeinflussen, so Houghton.

Weitere Studien

Einzelnachweise

  1. Snowdon: Antioxidants and reduced functional capacity in the elderly: findings from the Nun Study, J. Gerontol. a. Biol. Sci. Med Sci 51 ( 1), 1996.
  2. Houston D.K., Stevens, J., Cai, J. und P.S. Haines : Dairy, fruit and vegetable intakes and functional limitations and disability in biracial cohort: the Atherosclerosis Risk in Communities Study. Am.J.Clin.Nutr. 2005 Feb. 81(2):512-522.
  3. R.D. Semba, F. Lauretani und L. Ferrucci: “Carotinoidws as protection against sarcopenia in older adults.”Arch Biochem Biophys. 15. Feb. 2007; 458(2):141-145.
  4. Roberts, R. O. et al : « Vegetables, unsaturated fats, moderate alcohol intake, and mild cognitive impairment », Dement. Geriatr. Cogn. Disord. 29 (5): 413-423, 2010.
  5. Yian Gu; Jeri W. Nieves; Yaakov Stern; Jose A. Luchsinger; Nikolaos Scarmeas: “Food Combination and Alzheimer Disease Risk: A Protective Diet” Arch Neurol, April 2010
  6. Barberger-Gateau, P. et al.: «  Dietary patterns and risk of dementia : the Three-City cohort study », Neurology 13 ;69(20), 1921-1930, November 2007
  7. Nippon Ronen Igakkai Zasshi 2000 Dec;37 (12): 970-973. Zitiert in PubMed-Index 11201186
  8. Dai, Q. et al.: Fruit and vegetable juices and Alzheimer’s disease: the Kame Project. The American Journal of Medicine (2006) 119, 751-759.
  9. D. Commenges, European Journal of Epidemiology, April 2000
  10. Pressemitteilung, herausgegeben am 26. September 2005 von der Royal Pharmaceutical Society, Großbritannien.

Quellen

Hans-Christoph Scharpf (1997 - 2009): Gemüse ist mehr als ein Nahrungsmittel - Neue Erkenntnisse über die gesundheitlichen Wirkungen. Gemüse, das Magazin für den professionellen Gemüsebau. Verlag Eugen-Ulmer. Stuttgart / Ettlingen.