Nitrat

Aus Hortipendium
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Nitrate (NO3-) sind die Salze und Ester der Salpetersäure (HNO3), die in der Biosphäre und Hydrosphäre allgegenwärtig sind. Nitrate sind Stickstoffverbindungen, die natürlicherweise im Boden vorkommen, aber auch mit der Düngung ausgebracht werden. Nitrate können von pflanzlichen Organismen als Stickstoffquelle aufgenommen und verwertet werden, da sie sich frei verfügbar in den Bodenlösungen befinden und nicht an die Bodenkolloide gebunden sind. Nitrat wird bei der Stickstoff-Mineralisierung (Stickstoffkreislauf) durch Nitrifikation aus Ammonium gebildet. Pflanzen verwerten den Stickstoff des Nitrats für den eigenen Stoffwechsel und zum Aufbau von Eiweiß. Nitrat ist mengenmäßig das bedeutendste Nährelement, da es in den Aminosäuren enthalten ist und somit Baustein von Eiweißen und allen Enzymen ist. Das Nitrat wird über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen und in der Pflanze verteilt, wo es durch Photosynthese in energiereiche Eiweißverbindungen umgewandelt wird. Überschüssige Mengen an Nitrat werden gespeichert, wobei die Nahrungspflanzen unterschiedliche Nitratspeicherkapazitäten aufweisen[1].

Nitrifikation

Stickstoffkreislauf

Ammonium (NH4+) wird im Boden von nitrifizierenden Bakterien zunächst zu Nitrit (NO2) und anschließend zu Nitrat (NO3-) umgewandelt. Dieser Vorgang nennt sich Nitrifikation und ist der Grund dafür, dass die Pflanzen Stickstoff vor allem als Nitrat aufnehmen, obwohl dieser als Ammonium gedüngt wird. Anders als die denitrifizierenden Bakterien benötigen die nitrifizierenden Bakterien Sauerstoff.

Denitrifikation

Bei Sauerstoffmangel im Boden (Staunässe) verbrauchen manche Bakteriengattungen (Pseudomonas und Bacillus) Sauerstoff aus dem Nitrat. Dadurch wandelt sich das Nitrat in molekularen Stickstoff (N2) um und entweicht gasförmig aus dem Boden. Es kommt somit zu beträchtlichen Stickstoffverlusten.

Bodenart Maximale Verluste in % der N-Düngung
sandige Böden 11 - 25
Tonböden 16 - 31
Moorböden 19 - 40

Nitratauswaschung

Nitrat wird leicht ausgewaschen und gerät so ins Grundwasser. Vor allem im Winterhalbjahr kommt es auch fast allen Böden zur Auswaschung. Die Höhe dieser Auswaschung ist von folgenden Faktoren abhängig:

  • Niederschlagshöhe und -verteilung
  • Wasserspeicherfähigkeit des Bodens
  • Menge und Verteilung des Nitrats im Bodenprofil am Ende der Vegetationsperiode
  • Nitratmenge, die im Winterhalbjahr durch Mineralisation freigesetzt wird.

Die Nitratverlagerung unterscheidet sich je nach Bodenart. Bei 60 mm Niederschlag wird das Nitrat in Lössböden etwa 20 cm, in lehmigen Sanden etwa 30 cm und in Sandböden ungefähr 60 cm nach unten transportiert. Da die Pflanzen in den Sommermonaten viel Wasser für Photosynthese und Transpiration verbrauchen, ist die Sickerwassermenge, und daraus resultierend auch die Nitratverlagerung deutlich geringer. Erhöhte Temperaturen fördern außerdem die Evaporation. Während der Sickerwasseranteil in Lehmböden im Sommer sehr niedrig ist, versickert in Sandböden auch im Sommer ein hoher Anteil des Niederschlags. Der Anbau von Pflanzen, die einen hohen Rest an sofort verfügbarem Stickstoff zum Erntetermin im Boden hinterlassen, ist problematisch. Ein Beispiel hierfür ist Spinat. Da das im Oberboden enthaltene Nitrat über das Jahr nach unten verlagert wird, kann es nur noch von Tiefwurzlern genutzt werden. Der Anbau von flachwurzelnden Pflanzen hingegen führt zu einer Anreicherung von Nitrat im Unterboden.
Um die Nitratauswaschung zu vermeiden, können folgende Maßnahmen getroffen werden:

  • Anbau tiefwurzelnder Kulturen, z.B. im Gemüsebau als Herbstkultur
  • Ernterückstände so spät wie möglich zerkleinern und in den Boden einarbeiten
  • Vermeiden übermäßiger oder unregelmäßiger Bewässerung
  • Verwenden von Langzeitdüngern
  • Begrünen der Flächen über Winter.

Anreicherung in der Pflanze

Einen wichtigen Einfluss auf den Nitratgehalt von Pflanzen hat das Licht. Je geringer die Lichtintensität, desto höher ist der Nitratgehalt, da Lichtmangel den Eiweißaufbau hemmt und sich das Nitrat deshalb in der Pflanze anreichert. Aus diesem grund ist beispielsweise Gewächshaussalat in der lichtarmen Jahreszeit nitratreicher als Freilandsalat. Doch auch das Anreicherungsvermögen der verschiedenen Gemüsearten ist unterschiedlich. Fruchtgemüse enthalten im Allgemeinen niedrigere Nitratmengen als Blattgemüse. Die folgende Tabelle zeigt das Anreicherungsvermögen verschiedener Pflanzen:

Nitratgehalt pro kg Frischsubstanz Pflanzenarten
sehr niedrig
(< 250 mg)
Bohnen, Erbsen, Spargel, Tomaten
niedrig
(250 bis 500 mg)
Getreide, Gurken, Melone, Obst, Paprika, Rosenkohl
mittel
(500 bis 1000 mg)
Blumenkohl, Kartoffeln, Kopfkohl, Möhren, Sellerie
hoch
(1000 bis 2000 mg)
Chinakohl, Endivien, Fenchel, Mangold, Porree, Radieschen, Rettich, Rhabarber
sehr hoch
(> 2000 mg)
Feldsalat, Kopfsalat, Rote Bete, Spinat


Maßnahmen zur Verringerung der Nitratbelastung

Es können einige Maßnahmen getroffen werden, um der Nitratbelastung vorzubeugen. Da ein zu hoher Nitratgehalt gesundheitsschädigend sein kann, sind diese von hoher Bedeutung.

  • Überdüngung vermeiden
  • Düngung nach und gemäß einer Bodenuntersuchung
  • Mit organischer Substanz zugeführte Nährstoffe bei der Düngung berücksichtigen
  • Den Stickstoffbedarf auf mehrere Einzelgaben aufteilen
  • Ackerfläche nicht brachliegen lassen (alternativ: Zwischenfrüchte, Gründüngung)
  • Mineralische und organische Düngung möglichst im Frühjahr, anstatt im Herbst ausführen
  • In den kalten Jahreszeiten (1. Oktober - 31. Januar) keine Gülle oder Jauche ausbringen, da in dieser Zeit verstärkt Grundwasserneubildung stattfindest
  • Gründüngungspflanzen im Frühjahr anstatt im Herbst einarbeiten
  • Im Herbst Stroh in den Boden einarbeiten

Gesetzliche Regelungen

Gesundheitsschädigende Wirkung zu hoher Nitratgehalte

Es ist wichtig, auf die Nitratwerte in Nahrung und Trinkwasser zu achten, da diese, wenn sie zu hoch sind, gesundheitliche Schäden hervorrufen können. Nitrate ansich sind für den Menschen ungefährlich. Werden sie allerdings in Nitrite umgewandelt, reagieren diese mit dem roten Blutfarbstoff Hämoglobin und hindern ihn daran, den Sauerstoff im menschlichen Körper zu transportieren. Der daraus resultierende Sauerstoffmangel kann zur Erstickungsgefahr führen. Besonders gefährdet sind Säuglinge bis zum 6. Lebensmonat, bei denen dieser Vorgang die sogenannte Blausucht hervorruft - die Blaufärbung durch Atemnot.

Nitrite können außerdem mit Eiweißen reagieren und krebserregende Nitrosamine bilden.

Je höher die Nitratgehalte in Trinkwasser und Nahrung sind, desto größer ist auch die Umwandlung in Nitrite. Aus diesem Grund wurde ein Grenzwert für den zulässigen Nitratgehalt in Trinkwasser festgelegt. Dieser liegt im Normalfall bei 50 mg/l, sollte bei Kleinkindern jedoch die 10 mg/l nicht überschreiten. Unter intensiv bewirtschafteten Ackerflächen wurden Nitratgehalte von bis zu 500 mg/l Grundwasser festgestellt. Der Durchschnitt liegt bei etwa 100 mg/l. Die tägliche Aufnahme von Nitrat beträgt in etwa 130 mg/l, wobei etwa 70 % von verzehrtem Gemüse und etwa 15 % aus dem Trinkwasser kommen. Zu Vergiftungen kommt es, wenn der erwachsene Mensch mehr als 3,65 mg Nitrat pro Kilogramm Körpergewicht und Tag zu sich nimmt.

[2] Umlernen bei Nitrat in Gemüse: NO3 - die Vorstufe einer bioaktiven Substanz!
Obst- und gemüsereiche Ernährung senkt den Blutdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen und Herzinfarkt. (siehe auch: Studien zu Herzkreislauferkrankungen) Während die herzschützenden Effekte von Gemüse und Obst unstrittig sind, kennt man immer noch nicht die exakten Mechanismen. Neuere Ergebnisse deuten darauf hin, dass anorganisches Nitrat, das in besonders hohen Konzentrationen in Gemüse, besonders in grünen Blattgemüsearten, vorkommt, dabei eine Rolle spielt. Die positive Wirkung von Nitrat liegt nach diesen Untersuchungen in der Umwandlung von Nitrat zu Nitrit und dann weiter in gesundheitsförderndes Stickoxid. Forscher um V. Kapil vom Institut für Klinische Pharmakologie der Londoner „School of Medicine“ gehen davon aus, dass es nützlich ist, die Mechanismen der Bioaktivität von Nitrat zur Vorbeugung und Behandlung von Herzkreislauferkrankungen heranzuziehen.

Die Heidelberger Krebsforscher warnten jahrelang vor der auf Nitrat bzw. das Folgeprodukt Nitrit zurückzuführenden Krebsgefahr. In diesen Zeiten wurde über die Gemüsequalität gesprochen, auf die Gefahr hoher Nitratgehalte hingewiesen und die besonders „gefährlichen“ Arten aufgelistet. Gewächshaussalat konnte wegen einer Pressekampagne gegen Nitrat nicht verkauft werden. Frosterfirmen, die Konservenindustrie und Kindernahrungsfirmen lehnten Gemüse wegen des Nitratgehaltes ab und es wurden EU Höchstgrenzen und Richtwerte für Nitrat in Gemüse zuerst in der Schweiz und dann in Deutschland festgelegt. Auch die Beratung empfiehlt seit langer Zeit, die Stickstoffdüngung zu reduzieren, damit der Nitratgehalt den Behörden und den Kunden keine Anlass gibt, Gemüse zurückzuweisen. Obwohl das neue Wissen über Nitrat als Vorstufe einer bioaktiven Substanz sich langsam durchsetzt, gelten an einzelnen Unternehmen des LEH Nitrathöchstgrenzen bei der Kontrolle von Gemüse. Es ist an der Zeit, bei Nitrat im Gemüse umzulernen. Dies ist jedoch ausdrücklich keine Aufforderung, die Stickstoffdüngung zu erhöhen, weil doch eine erhebliche Zahl von großangelegten Studien vorliegt, die eine ungünstige Wirkung von hohen Nitratgehalten im Trinkwasser belegen. Offenbar jedoch gehört Nitrat im Verbund mit Gemüse zu den inzwischen immer mehr beachteten bioaktiven Substanzen. Vielleicht sind - um die positive Wirkung zu entfalten - Begleitstoffe nötig, die wir noch nicht kennen, die in Gemüse, nicht jedoch im Trinkwasser, enthalten sind. [3]


Einzelnachweise

  1. BfR: Fragen und Antworten zu Nitrat und Nitrit in Lebensmitteln, 11. Juni 2013, www.bfr.bund.de
  2. Kapil, V. et al.: « Inorganic nitrate and the cardiovascular system. » Heart. 23. Aug. 2010 (Vorabdruck in Epub)
  3. Gemüse ist mehr als ein Nahrungsmittel, zusammengestellt von H. C. Scharpf (Artikel 176), Stuttgart/Ettlingen, 2011

Quellen

  • Hans-Christoph Scharpf (1997 - 2011): Gemüse ist mehr als ein Nahrungsmittel - Neue Erkenntnisse über die gesundheitlichen Wirkungen. Gemüse, das Magazin für den professionellen Gemüsebau. Verlag Eugen-Ulmer. Stuttgart / Ettlingen. 
  • Martin Degen, Karl Schrader (2002): Grundwissen für Gärtner. Ulmer Verlag. Stuttgart. ISBN 3800111888
  • Holger Seipel (2007): Fachkunde für Gärtner. Verlag Dr. Felix Büchner. Hamburg. ISBN 9783582041555
  • Hans Jessen, Helmut Schulze (1997): Botanik in Frage und Antwort. Verlag M. & H. Schaper. Hannover. ISBN 3794401867
  • Prof. Dr. Rolf Röber, Prof. Dr. Klaus Schaller (1985): Pflanzenernährung im Gartenbau. Ulmer Verlag. Stuttgart. ISBN 3800151278
  • Werner Bergmann (1988): Ernährungsstörungen bei Kulturpflanzen. VEB Gustav Fischer Verlag. Jena. ISBN 3334002489

Weblinks