Fungizide

Aus Hortipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche

Fungizide (Mittel zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten) werden heute praktischerweise unterteilt nach den chemischen Gruppen, zu denen ihre Wirkstoffe gehören. Der Vorteil dieser Unterteilung besteht u. a. darin, dass damit auch direkt eine Unterteilung nach Wirkungsmechnismen getroffen wird, denn der Wirkungsmechanismus eines Stoffes ist immer auch abhängig von der chemischen Zusammensetzung und Struktur eines Wirkstoffes. Ein weiterer Vorteil einer solchen Unterteilung besteht darin, dass man so leichter ein Resistenzmanagement (siehe Pflanzenschutzmittel) ableiten kann.

Einteilung nach Wirkungsmechanismus

Im Hinblick auf die praktische Anwendung von Fungiziden ist es daneben auch wichtig zu wissen, ob es sich um ein Kontaktfungizid (z.B. Schwefel, Kupfer, Polyram WG, Dithane NeoTec oder verschiedene neuere Mittel) oder um ein Fungizid mit systemischen Eigenschaften (z.B. die sog. Azolfungizide oder die meisten Strobilurinfungizide) handelt.

Kontaktfungizide: Die Wirkstoffe verbleiben nach der Applikation auf der Pflanzenoberfläche und dringen nicht oder nur in äußerst beschränktem Umfang in das Pflanzengewebe ein. Sie umgeben die behandelten Pflanzenteile mit einem “Schutzmantel” (Belagfungizide) und verhindern dadurch das Eindringen von Schadpilzen. Die Wirksamkeit der meisten Kontaktfungizide beruht auf einer Abtötung keimender Sporen. Daher müssen Kontaktfungizide vorbeugend (vor der möglichen Infektion) eingesetzt werden. Eingedrungene Krankheitserreger werden nicht mehr erfasst. Die nach der Ausbringung des Mittels zuwachsenden Pflanzenteile sind nicht geschützt. Der Spritzbelag kann abgewaschen werden und muss nach stärkeren Niederschlägen (> 25 mm) erneuert werden. Ältere Kontaktfungizide (z.B. Schwefel, Kupfer, Polyram WG, Dithane NeoTec) haben i.d.R. eine große Wirkungsbreite und eine unspezifische Wirkung, d.h. sie greifen an vielen Orten des pilzlichen Stoffwechsels ein.

Systemische Fungizide dringen in das Pflanzengewebe ein und verteilen sich dort in mehr oder minder starkem Maße. Daher können eingedrungene Krankheitserreger teilweise noch erfasst werden. Der Blatt- und Triebzuwachs ist besser geschützt als bei Kontaktfungiziden. Bei fast allen Fungiziden dieser Art erfolgt der Transport aber nur in Aufwärtsrichtung (akropetal), sie werden daher auch als “teilsystemische” Fungizide bezeichnet (Beispiele: Azole wie Folicur). Daraus ergibt sich, dass die Anforderungen an Verteilung während der Spritzung und Witterungsbeständigkeit geringer sind als bei Kontaktfungiziden. Da die meisten systemischen Wirkstoffe sehr spezifische Wirkungsmechanismen haben, erhöhen wiederholte Behandlungen die Gefahr der Resistenzbildung.

Einteilung wichtiger Fungizide nach Wirkstoffgruppen

Anorganische Verbindungen

Kupferverbindungen zählen zu den ältesten Fungiziden. Sie wurden schon im 19. Jahrhundert gegen Falsche Mehltaupilze eingesetzt. Sie wirken als lokale Kontaktmittel und blockieren als Zellgift verschiedene Enzymreaktionen der keimenden Sporen. Gelegentlich kommt es bei einzelnen Kulturpflanzen Entwicklungsstadien-abhängig zu Verträglichkeitsproblemen.

Beispiel: Cueva (Wirkstoff Kupferoktanoat)


Schwefel wird in fein vermahlener, elementarer Form insbesondere gegen Echte Mehltaupilze eingesetzt. Die Wirkung kann im Allgemeinen als Zellgift bezeichnet werden. Auch beim Schwefeleinsatz können Verträglichkeitsprobleme auftreten.

Beispiel: Kumulus WG (Wirkstoff Schwefel)


Organische Verbindungen

Thiocarbamate und Thiurame sind eine umfangreiche Gruppe breitwirksamer Kontaktfungizide, die als Zellgifte auf die Atmung der Zelle wirken.

Beispiele: Dithane NeoTec (Wirkstoff Mancozeb), Polyram WG(Wirkstoff Metiram)


Carbamate: Der wichtigste Vertreter ist das Propamocarb, es hemmt die Atmung in der Pilzzelle und verhindert die Nukleinsäuresynthese.

Beispiel: Previcur N (Wirkstoff Propamocarb)


Triazole haben momentan große Bedeutung gegen verschiedenste Pilzkrankheiten. Die Hauptwirkung ist die Hemmung der Synthese von Ergosterol, einem Bestandteil der pilzlichen Zellmembran.

Beispiele: Score (Wirkstoff Difenoconazol),Folicur (Wirkstoff Tebuconazol)


Benzimidazole waren die ersten systemisch, protektiv und kurativ wirkenden Fungizide. Ab 1968 fanden sie rasch weltweite Bedeutung. Doch sehr schnell konnten sich resistente Pilzstämme etablieren, da offensichtlich die Wirkorte bei der Kernteilung leicht umgangen werden können.

Beispiel:Cercobin FL (Wirkstoff Thiophanat-methyl)


Phenylamide dienen hauptsächlich als Fungizide gegen Falschen Mehltau und haben als systemische Präparate mit protektiver und kurativer Wirkung hohe Bedeutung. Allerdings ist aufgrund des spezifischen Wirkorts in der Nukleinsäuresynthese eine Resistenzbildung rasch möglich. Daher erfolgt die Anwendung nur in Kombination mit anderen Wirkstoffen.

Beispiel: Fonganil Gold (Metalaxyl-M)


Strobilurine sind eine relativ neu entwickelte Wirkstoffgruppe. Der grundlegende Wirkstoff Strobilurin A stammt aus dem Kiefernzapfenrübling (Strobilurus tenacellus) und dem Beringten Schleimrübling (Oudemansiella muscida), holzzersetzenden Waldpilzen, und wurde an der Universität in Kaiserslautern entdeckt. Die Wirkung beruht auf der Atmungshemmung in den Mitochondrien. Strobilurine wirken vorrangig vorbeugend und zeichnen sich durch eine lange Wirkungsdauer aus. Bei einigen Pilzkrankheiten haben sich mittlerweile resistente Stämme gegen diese Wirkstoffgruppe ausgebildet.

Beispiele: Ortiva (Wirkstoff Azoxystrobin), Signum (Wirkstoff Pyraclostrobin + Boscalid (aus der Wirkstoffgruppe der Carboxamide))


Einige fungizide Wirkstoffe sind auch als Beizmittel gegen samenbürtige Pilzkrankheiten, z.B. an Getreide, Zuckerrüben, Gemüse und Zierpflanzen formuliert. Bei dieser Form der Saatgutbehandlung handelt es sich um eine der gezieltesten, wirksamsten und umweltfreundlichsten Maßnahmen des Pflanzenschutzes. Die Wirkstoffe gelangen nur dorthin, wo sie gebraucht werden, nämlich an das Saatkorn. Dadurch ergibt sich eine geringe Flächenbelastung durch geringen Wirkstoffaufwand je Flächeneinheit.