Wegwarte

Aus Hortipendium
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Wegwarte
Cichorium intybus
L.
49 Cichorium intybus.jpg
Systematik
Klasse Bedecktsamer
Magnoliopsida
Gruppe Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Euasteriden II
Ordnung Asternartige
Asterales
Familie Korbblütler
Asteraceae
Gattung Zichorien
Cichorium

Die Wegwarte (Cichorium intybus) ist ein Überbegriff für unterschiedliche Wegwarte-Varietäten. So findet sich im Hochsommer an viele Heckenränder, Wegen und Straßen die Gewöhnlichen Wegwarte (Cichorium intybus var. intybus früher C. intybus var. sylvestre) mit ihren blauen Strahlenblüten. Die Wegwarte ist eine ausgesprochene Schönwetterpflanze, passt sich aber an erstaunlich gut an extreme Standorte an. Aus dieser Wilform wurden verschiedene Nutzformen wie der Zichorienkaffee (Cichorium intybus var. sativum) oder der Chicorée bzw. Radicchio (Cichorium intybus var. foliosum) gezüchtet. Auch als Gartenpflanze ist sie eine blaue Bereicherung (siehe dazu Wegwarte im Garten).


Eigenschaften

Die Gewöhnliche Wegwarte (Cichorium intybus var. intybus), ist eine ausdauernde Staude, die sonnige Standorte liebt und auf Trockenflächen wie Sand-, Stein- und Kieshaufen wächst. Ihre bis zu 5 cm großen Blüten variieren in unterschiedlichen Blautönen, seltener sind weiße oder rosa Blütenformen. Wegwarten mit reinweißen Blüten fehlt der blaue Farbstoff, was ihrer Schönheit allerdings kaum schadet. Die anspruchslose Staude ist in Mittel- und Südeuropa beheimatete, aber auch von Vorder- und Mittelasien bis Nordafrika verbreitete. Sie wächst an sonnigen Schuttplätzen, an Straßen- und Wegrändern und zunehmend auch an ungespritzten Feldrändern.

Inhaltsstoffe

Tatsächlich enthält die Wegwarte große Mengen an Inulin (18% Prozent Gehalt in frischen, 50 Prozent in getrockneten Wurzeln), eine Vorstufe des Insulins. Daneben enthält sie den Bitterstoff Intibin sowie Eisen, Gerbstoffe und Eiweiß. In der Volksmedizin finden neben den Wurzeln auch Kraut und Blüten eine Anwendung gegen Blähungen, Völlegefühle, Leber- und Gallenleiden. Teezubereitungen der Wegwarte, auch der frische gepresste Saft der Pflanzen regen den Kreislauf an.

Brauchtum und Volksglauben

Ihre Hochsaison als Heilpflanze hatte die Wegwarte um 1670. Die Wurzel, dem Essen pulverisiert beigegeben, sollte vor Ehebruch bewahren und den Frauen die Geburt erleichtern.

Verwendung als Heilpflanze

Die weltweit verbreitete Wildpflanze Cichorium intybus var. intybus enthält zahlreiche Bitter- und Gerbstoffe. Schon im alten Ägypten, Griechenland, Rom und im Mittelalter galt die blaue Blume des Hochsommers als Heilpflanze. Hildegard von Bingen, Paracelsus und Sebastian Kneipp loben sie in ihren Heilpflanzenbüchern. Seit Jahrhunderten wird ein Tee aus getrocknetem Wegwartenkraut, zur Blütezeit geerntet, gewonnen, der innerlich gegen Appetitlosigkeit, Verdauungsschwierigkeiten, insbesondere Stärkung der Leber- und Gallenfunktion, aber auch äußerlich gegen Hautunreinheiten hilft.

Verwendung als Nutzpflanze

Die eisenhaltigen Blätter der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus var. intybus) ergeben ein schmackhaftes Wildgemüse, das wegen seiner Bitterstoffe zuvor gewässert oder gekocht werden muss. Neben der Wildform gibt es noch zwei weitere Unterarten, die als Kulturpflanze genutzt werden: Die Wurzel- oder Kaffeezichorie (Cichorium intybus var. sativum) und der als Salat genutzte Chicorée bzw. Radicchio (Cichorium intybus var. foliosum). Bereits im späten Mittelalter entstanden die ersten Kulturformen. Nach dem Siebenjährigen Krieg förderte der Preußenkönig Friedrich der Große 1763 den Anbau der Wegwarte. Aus der nährstoffreichen Wurzel einer von Cichorium intybus var. sativum wird bis heute das Kaffeegetränk Zichorienkaffee hergestellt.

Zichorienkaffee

1806 verhängte Napoleon die Kontinentalsperre gegen England und somit war auch die Einfuhr des damals schon beliebten Bohnenkaffees verhindert. Bis zur Aufhebung der Sperre 1812 gab es deshalb fast ausschließlich Kaffee-Ersatz aus der gerösteten Zichorienwurzel. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren des 20. Jahrhunderts gab es wieder verstärkt diesen Kaffee-Ersatz, der mit Feigen, Erdnussöl und - soweit vorhanden- Bohnenkaffee aromatisiert wurde. Heute wird die Zichorie noch in Österreich, Tschechien, Frankreich, Holland und Ungarn angebaut, bei uns verlor sie Mitte des 20. Jahrhunderts rasch an Bedeutung; obwohl es noch vereinzelt Zichorienkaffe zu kaufen gibt.

Chicorée und Radicchio

Die Salatvariation der Wegwarte ist der Chicorée bzw. der Radicchio, manmchmal auch als Fleischkraut bezeichnet, Cichorium intybus var. foliosum. Bei der Anzucht von Chicorée werden die im Sommerhalbjahr angebaute Rüben nach der Rodung in speziellen, dunklen Treibräumen aufgestellt, Geerntet werden dann später die ausgetriebenen Chicoreeköpfe. Bei Bedarf kann Chicorée auch als Wintergemüse im Keller selber herabgezogen werden (siehe dazu Chicorée im Hausgarten). Radicchio ist auf italienischen Märkten noch zur Winterzeit in mehrere Sorten von farbenprächtigen Salaten zu sehen.

Sonstige Verwendung

In manchen Gegenden wurde die Wegwarte ausschließlich als ertragreiches Viehfutter angebaut.

Die hübschen Blüten sind leider nicht als Schnittblumen geeignet, da sie nur vormittags geöffnet sind und im Zimmer schnell verbleichen.


Ökologischer Nutzen

Bei den Insekten ist die Wegwarte sehr beliebt, allein 37 Wildbienenarten sammeln die Pollen der hübschen Korbblütenpflanze. Die Blüten sind ebenso eine Nahrungsquelle für adulte Fliegen und Schwebfliegen, deren Larven sich unter anderem von Blattläusen ernähren sowie für Blatt- und Bockkäfer. Das Blatt bietet der Glasflügelwanze Nahrung.

Quellen

Dr. R. Witt (1995): Wildpflanzen für jeden Garten. BLV Verlag. 

Alfred Feßler (1988): Naturnahe Pflanzungen. Ulmer Verlag. Stuttgart. 

Richart Wilfort (1997): Das große Handbuch der Heilkräuter. Nikol Verlagsgesellschaft mbH. Hamburg. 

Mannfried Pahlow (2001): Das grosse Buch der Heilpflanzen. Gesund durch die Heilkräfte der Natur. Bechtermünz. 

BdB- Handbuch (1999): 7 A- Wildstauden für Wiesen und andere Freiflächen. 10. Auflage. Verlagsgesellschaft „Grün ist Leben“.