Carotinoide

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Carotinoide sind in Pflanzen sehr weit verbreitete rote, gelbe oder orangerote Farbstoffe. Sie sind zwar in den entsprechend gefärbten Gemüsearten wie Möhren, Paprika, Tomaten, Kürbis, Melonen oder in Obstarten wie Aprikosen in besonders hohen Konzentrationen enthalten, man findet sie aber auch hinter Chlorophyll versteckt - reichlich in dunkelgrünem Gemüse (Spinat, Grünkohl, Mangold u.v.a.).

Das bekannteste Carotinoid ist das Beta-Carotin. Das aus Beta-Carotin entstehende Vitamin A ist wichtig für die Bildung des Sehpurpurs und damit das Farben-Sehen. Während Beta-Carotin eine Vitaminvorstufe ist, besitzt der überwiegende Teil der weiteren Carotinoide keine Funktion als Provitamin. Jedoch sind von ihnen viele Schutzwirkungen bekannt. So wirken Carotinoide als Antioxidantien, sie können das Immunsystem stimulieren, hemmen die Entartung von Zellen, verringern die Häufigkeit und das Wachstum von Tumoren, insbesondere auch UV-lichtinduzierter Tumore (Hautkrebs). Im Tierversuch verlangsamten sie das Wachstum von Tumoren, die durch krebserregende Stoffe ausgelöst wurden. Eine besondere Beachtung unter den Carotinoiden findet das Lycopin, der rote Farbstoff der Tomaten oder einzelner Möhrensorten. Lykopin weist im Vergleich zu anderen Carotinoiden ein besonders hohes antioxidatives Potential auf. Das Risiko für Männer, Prostatakrebs zu bekommen, kann offenbar durch einen erhöhten Verzehr an Tomaten halbiert werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Tomaten roh oder gekocht, als Salat oder Suppe zu sich genommen werden. Dies geht aus einer sechsjährigen Studie der Harvard University (USA) mit fast 50.000 Männern hervor.

Weil Carotinoide so weit verbreitet sind und die Daten aus Befragungen über den Verzehr von Gemüse und Obst oft als ungenau angesehen werden, sind manche Forscher dazu übergegangen, die Carotinoid-Konzentration im Blut oder in der Haut als Maß für den gesamten Verzehr von Obst und Gemüse von Untersuchungspersonen zu nehmen.


Studien zur gesundheitlichen Wirkung

[1] Möhren - mindestens zweimal pro Woche - gegen Grünen Star (Glaucom)
Ältere Frauen, die mehr als zweimal pro Woche Möhren aßen, hatten im Vergleich zu denen, die seltener als einmal pro Woche Karotten auf dem Speiseplan hatten, ein um 64 % geringeres Risiko, an Grünem Star zu erkranken. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Forschergruppe um A. L. Colemann von der Abteilung für Augenheilkunde und dem Jules Stein Augeninstitut der Universität von Kalifornien in Los Angeles. Einbezogen waren 1155 Frauen aus verschiedenen Regionen der USA. Die Studie war ein Teilprojekt einer größeren Untersuchung über osteoporosebedingte Knochenbrüche. Die Diagnose von Grünem Star haben Glaukom-Spezialisten vorgenommen, die auch die Fälle einbezogen haben, in denen nur ein Auge von der Erkrankung betroffen war. Bei der systematischen Befragung nach den Verzehrsgewohnheiten wurden auch einzelne Arten oder Artengruppen von Obst und Gemüse getrennt erfasst. Außer für Möhren zeigte sich bei den Gemüsearten auch ein günstiger statistischer Zusammenhang zwischen dem Glaucomrisiko und dem Verzehr von Grünkohl und anderen Blattkohlarten (kale und green collards) - möglicherweise, weil grüne Blätter, ebenso wie Möhren, besonders karotinreich sind.

[2] Entzündungsprozesse bei carotinreicher Ernährung verringert
Das sogenannte C-reaktive Protein ist ein Anzeiger für entzündliche Prozesse. Es erhöht sich u.a. bei rheumatischen Entzündungen, bakteriellen Infektionen und entzündlichen tumorartigen Erkrankungen. In einer Studie an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe unter Leitung von B. Watzl wurde entdeckt, dass eine hohe Zufuhr von Gemüse und Obst die Konzentration an C-reaktivem Protein im Blut signifikant absenkt und demnach entzündliche Prozesse vermindert. Die Ergebnisse werden von der Fachwelt stark beachtet – auch weil sie mit Hilfe einer sogenannten Interventionsstudie gewonnen wurden. Bei Interventionsstudien werden den Teilnehmern eine Zeit lang bestimmte Nahrungsmittel kontrolliert verabreicht, um dann die Auswirkungen zu messen. Diese Methode gilt bei der Suche nach Auswirkungen der Ernährung als zuverlässiger als z.B. die häufig durchgeführten Fall-Kontrollstudien, bei denen die Ernährungsgewohnheiten von Kranken (rückwirkend) mit denen von Gesunden verglichen werden. In der Karlsruher Untersuchung verabreichte man 64 gesunden freiwilligen Testpersonen vier Wochen lang 2, 5 bzw. 8 Portionen Obst und Gemüse oder entsprechende Säfte. Am Ende wurden die Veränderungen im Immunsystem gemessen. Als Gemüse kamen Möhren, grüne Bohnen, Erbsen, Brokkoli, Zucchini, Tomaten, Kohlrabi, Rosenkohl, Rotkohl, Blumenkohl, Spinat, Zuckermais und Schwarzwurzeln auf den Tisch. Auch die Auswahl an Obstarten war reichhaltig. Mit dieser Studie konnte nach Aussagen der Autoren zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass das C-reaktive Protein und damit die Entzündungsneigung durch den Verzehr von Gemüse und Obst beeinflusst wird.

[3] Carotinoide könnten Heuschnupfen (allergische Nasenschleimhautentzündung) verringern
Eine Untersuchung an der Ludwig-Maximilians-Univeristät, München, hat ergeben, dass Personen mit einer hohen Konzentration an Carotinoiden im Blutplasma eine geringere Anfälligkeit für die sog. allergische Rhinitis (Nasenschleimhautentzüngung) haben. In der Studie wurde bei 547 Erwachsenen im Alter zwischen 19 und 81 Jahren die Konzentration der Carotinoide Alpha-Carotin, Beta-Carotin, Lycopin, Lutein/Zeaxanthin, Cantaxanthin und Cryptoxanthin sowie Tocopherole und Vitamin C gemessen. Die untersuchten Personen wurden je nach Gehalt im Blutplasma in vier Gruppen eingeteilt. Bei der Gruppe mit dem höchsten Carotinoidgehalt war das Risiko für das Auftreten einer allergischen Nasenschleimhautentzündung um 56 % geringer als bei der niedrigsten „Carotinoidgruppe“. Eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse als Carotinoidlieferanten könnte einen schützenden Effekt gegen allergische Rhinitis haben, schließt die Forschergruppe um J. Kompauer vom Institut für medizinisches Datenmanagement, Biometrie und Epidemiologie der Münchener Universität.

[4] Karottenextrakt kann Antibiotika ersetzen.
Unter dieser Überschrift berichten die Stuttgarter Nachrichten in ihrer Medizinseite vom 18. Oktober 2000, dass der Nachweis gelungen ist, dass bestimmte Inhaltsstoffe von Möhren, Äpfeln, Heidelbeeren und Preiselbeeren Durchfallbakterien wirksam stoppen können und Durchfall bereits nach zwei Tagen zum Abklingen bringen. Sie sind vielen Antibiotika überlegen und können diese teilweise ersetzen. In fast 20 jähriger Forschungsarbeit haben der Leiter der Erlanger Universitätskinderklinik, Prof. Dr. Guggenbichler, und der Wiener Pharmakologe Prof. Jurenitsch herausgefunden, dass Oligogalakturonsäuren, die in Möhren und den genannten Obstarten enthalten sind, die krankheitserregenden Darmbakterien daran hindern, an der Darmwand anzudocken und damit die Krankheit auszulösen. Oligogalakturonsäuren, die chemisch zu den Kohlenhydraten gehören, können bereits in Konzentrationen von nur 0,005 % Bakterien vollständig blockieren. Damit die wirksamen Moleküle frei werden, müssen die Möhren allerdings gekocht werden. Die Wissenschaftler schlagen vor, den Kindernahrungsmitteln Karottenextrakt beizumischen. Darüber hinaus halten sie es für möglich, durch die Beimischung von Möhrenextrakt zu den Futtermitteln auf den Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht zu verzichten.


[5] Weniger Polyarthritis bei höherer Aufnahme des Carotinoids Beta-Cryptoxanthin
Personen mit einer höheren Aufnahme des zu den Carotinoiden gehörenden β-Cryptoxanthins haben offenbar ein geringeres Risiko, an entzündlicher Polyarthritis zu erkranken. Dies geht aus einer Gemeinschaftsuntersuchung von medizinischen Instituten der englischen Universitäten Manchester und Cambridge hervor. Bei der Gruppe mit der höchsten Aufnahme an β-Cryptoxanthin (oberes Drittel) lag das Risiko, entzündliche Polyarthritis zu bekommen, nur halb so hoch wie bei der niedrigsten Aufnahmegruppe. Ein ähnlicher Zusammenhang ließ sich für Zeaxanthin – ebenfalls ein Carotinoid - errechnen. Die Untersuchung ist Teil der großangelegten europäischen sog. EPIC- Studie (European Prospective Investigation of Cancer Incidence). In dieses Teilprojekt waren mehr als 25.000 Personen einbezogen. Die Ergebnisse sind auch nach der Korrektur des Einflusses von Gesamtenergiezufuhr, Eiweißaufnahme und der Wirkung des Rauchens für β-Cryptoxanthin signifikant. Das Carotinoid β-Cryptoxanthin ist in höheren Konzentrationen z.B. in Feldsalat, Petersilie, Kürbis, Grünkohl und Brokkoli enthalten, aber auch in Orangen und anderen Zitrusfrüchten kommen nennenswerte Gehalte vor. Die Autorengruppe um Dorothy J. Pattison kommt zum Schluss, dass schon eine geringfügige Erhöhung der β-Cryptoxanthinaufnahme (z.B. durch ein Glas frischen Orangensaftes pro Tag) zu einem verminderten Risiko für entzündliche Polyarthritis führen kann.

Siehe auch

Gesundheitliche Wirkung von Obst und Gemüse

Einzelnachweise

  1. Quelle: Colemann, A.L. et al.: “Glaucoma risk and the consumption of fruits and vegetables among older women in the study of osteoporotic fractures.” Am J Ophthalmol. 145(6): 1081-1089, Juni 2008
  2. Watzl, B., S.E. Kulling, J. Möseneder, S.W. Barth und A. Bub: “A 4-wk intervention with high intake of carotenoid-rich vegetables and fruit reduces plasma C-reactive protein in healthy, non-smoking men”. Am J Clin Nutr 2005;82:1052-1058.
  3. „Association of carotenoids, tocopherols and vitamin C in plasma with allergic rhinitis and allergic sensitisation in adults“ in Public Health Nutr. Juni 2006,9(4):472-479.
  4. Karottenextrakt kann Antibiotika ersetzen. in Stuttgarter Nachrichten vom 18. Oktober 2000
  5. Dorothy J. Pattison et al.: Dietary β-Cryptoxanthin and inflammatory polyarthritis : results from a population-based prospective study. American Journal of Clinical Nutrition, Vol. 82, Nr. 2, 451-455, August 2005

Quellen

Hans-Christoph Scharpf (1997 - 2009): Gemüse ist mehr als ein Nahrungsmittel - Neue Erkenntnisse über die gesundheitlichen Wirkungen. Gemüse, das Magazin für den professionellen Gemüsebau. Verlag Eugen-Ulmer. Stuttgart / Ettlingen.