Gemeine Spinnmilbe

Aus Hortipendium
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Gemeine Spinnmilbe
Tetranychus urticae
C. L. KOCH, 1836
Tetranychus-urticae.jpg
Adulte Milbe
Systematik
Klasse Spinnentiere
Arachnida
Unterklasse Milben
Acari
Überordnung Acariformes
Ordnung Trombidiformes
Überfamilie Tetranychoidea
Familie Spinnmilben
Tetranychidae

Die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae) oder auch Bohnenspinnmilbe kann sich in trockenen Jahren im Laufe des Sommers stark entwickeln. Der Schaden äußert sich durch Sprenkelung, die Blätter werden silbrig oder bronzefarben.

Schadbild

Sprenkelung auf den Blättern der Himbeere durch Spinnmilbenbefall

Durch die Saugtätigkeit der Gemeinen Spinnmilbe im Blattgewebe entstehen Sprenkelungen auf den Blättern. Diese können weiß bis gelblich oder auch rotbraun sein. Auf den Blattunterseiten findet man die Eier, sowie bewegliche Stadien der Spinnmilbe. Kommt es zu Massenvermehrungen der Gemeinen Spinnmilbe, können auch schlimmere Schäden auftreten. Junge Blätter können sich nicht mehr entfalten, vergilben, verkräuseln, reißen zwischen den Blattadern auf, vertrocknen und fallen ab. Die Triebspitzen verkahlen und die Geiztriebbildung wird angeregt. Gelegentlich können die Blattschäden auch einen negativen Einfluss auf Erträge und Fruchtqualität haben.

Beschreibung

Weibchen:
Adulte Weibchen sind bis 0,6 mm lang (0,44 - 0,57 mm), der Körper ist oval, hellgelblich oder grünlich, zum Teil auch rötlich gefärbt, mit zwei dunklen Flecken und mäßig langen dorsalen Borsten. Die Lebensdauer der Weibchen beträgt bei einer Temperatur von 22 °C und ausreichender Nahrung etwa 21 bis 35 Tage.

Männchen:
Das adulte Männchen ist etwas kleiner als die Weibchen, schmäler und am Hinterende zugespitzter und hat eine gelbgrüne Färbung.

Larven:
Die Larven sind blass grünlich mit dunklerer Zeichnung mit 6 Beinen.

Eier:
Das Ei hat einen Durchmesser von 0,13 mm und ist kugelförmig sowie durchscheinend. Die Eiablage der Weibchen erfolgt zumeist auf der Blattunterseite. Pro Weibchen können mehrere hundert Eier abgelegt werden.

Lebensweise

Schematische Darstellung des Entwicklungszykluses der Gemeinen Spinnmilbe im Freiland
Bohnenspinnmilbe auf einem Rebblatt
Durch Bohnenspinnmilben verursachter Triebschaden im Vergleich zu gesunden Trieben

Im Freiland:
Überwinternde Weibchen besiedeln ab März bis April die Blätter und legen blattunterseits Eier ab. Es gibt mehrere Generationen im Jahr, die Entwicklung erfolgt sehr rasch bei heißem, trockenem Wetter. Die Milbenkolonien schützen sich durch ein Gespinst und halten sich blattunterseits auf. Mit der abnehmenden Tageslänge entwickeln sich ab September Winterweibchen. Die befruchteten Weibchen der Bohnenspinnmilbe sind rötlich gefärbt und überwintern am Rebstamm oder an Pflanzenresten. Im Frühjahr wandern die Weibchen auf krautige Pflanzen der Bodenbegrünung und beginnen mit der Eiablage. Im Gegensatz zu den rötlich gefärbten überwinternden Weibchen sind die Tiere der Folgegenerationen milchig hell. An beiden Körperseiten zeigen die ausgewachsenen Tiere jeweils einen dunklen Fleck, der bei Larven und Nymphen fehlt.
In der Regel hält sich die Bohnenspinnmilbe über den gesamten Vegetationsverlauf an krautigen Pflanzen der Begrünung auf. Wird jedoch im Sommer die Begrünung massiv gekürzt oder durch Umbrechen oder Herbizideinsatz vollständig entfernt, können die Tiere auf der Suche nach anderen Nahrungsquellen in großer Zahl auf die Reben aufwandern. Das gleiche passiert, wenn die Begrünungspflanzen bei fehlendem Niederschlag vertrocknen. Bei günstiger Witterung ist das Vermehrungspotential wesentlich stärker als bei der Obstbaumspinnmilbe. Insbesondere bei heißer, trockener Witterung kann die Bohnenspinnmilbe im Vegetationsverlauf bis zu 7 Generationen bilden, was einen explosionsartigen Populationsaufbau verursacht. Die Schadsymptome sind dann entsprechend massiv und erscheinen in kürzester Zeit.

Im Gewächshaus:
Im Gewächshaus tritt die Gemeine Spinnmilbe meist in erheblichem Umfang auf, da sie dort besonders gute Überlebenschancen und Entwicklungsmöglichkeiten hat. Die Milben haben zum einen einen sehr großen Wirtspflanzenkreis (z.B. Paprika, Aubergine, Gurke, Gerbera, Rose, Chrysantheme etc.) und zum anderen finden sie in den Ritzen und Fugen der Gewächshauskonstruktion ein ideales Versteck zum überwintern, wodurch sie nur schwer bzw. gar nicht zu bekämpfen sind. Neben Tetranychus urticae kann im Gewächshaus auch die rotbraune bis dunkelrote tropische Spinnmilbenart Tetranychus cinnabarinus an Zierpflanzen (z.B. Nelken, Rosen) auftreten.
Eine Spinnmilbenpopulation kann im Gewächshaus bei üblichen Temperaturen innerhalb von zwei bis vier Wochen um mehr als das 50fache ansteigen (10 bis 15 Generationen).

Bekämpfung im Freiland

Obstgehölze

Sofern die Schadschwelle überschritten wird, ist eine Bekämpfung der beweglichen Stadien mit Wirkstoffen wie Fenpyroximat oder Spirodiclofen möglich. Bei der Auswahl von Akariziden vorhandene Resistenzen beachten. Grundsätzlich sollten raub-milbenschonende Spritzfolgen bevorzugt werden, zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, Raubmilben anzusiedeln. Schadschwelle in Kirschen: Mehr als 60% befallene Blätter mit beweglichen Stadien während der Fruchtentwicklung.

Indikationszulassung aus PS Info für den Erwerbsanbau (Beerenobst)
Indikationszulassung aus PS Info für den Erwerbsanbau (Steinobst)
Indikationszulassung aus PS Info für den Erwerbsanbau (Kernobst)


Indikationszulassung aus PS Info für den Haus- und Kleingarten (Steinobst)

Indikationszulassung aus PS Info für den Haus- und Kleingarten (Kernobst)


Weinreben

Wichtig ist die Förderung und Schonung von Nützlingen, hauptsächlich von Raubmilben. Ein guter Raubmilbenbesatz im Weinberg macht eine chemische Bekämpfung mit Akariziden zumeist nicht notwendig. Normalerweise reicht eine Raubmilbe pro Blatt, um den Schädling unter die Schadensschwelle zu halten. Damit kann die Obstbaumspinnmilbe und die Bohnenspinnmilbe, falls diese nicht explosionsartig auf die Reben aufwandert, zuverlässig unter der Schadensschwelle gehalten werden. Der wichtigste Beitrag zur Förderung der Raubmilben ist eine raubmilbenschonende Spritzfolge.
Für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Spinnmilbenbekämpfung kommen mehrere Termine in Frage. Bei starkem Wintereibesatz durch die Obstbaumspinnmilbe an den Knoten ist eine Austriebsbekämpfung auf alle Fälle empfehlenswert. Der genaue Einsatzzeitpunkt liegt bei Schlupfbeginn der Wintereier, wenn erste lebende Tiere sichtbar sind. Die in Frage kommenden Mineral- oder Rapsöle überziehen Wintereier und Larven mit einer luftundurchlässigen Schicht und verhindern dadurch die Atmung.
Vorteile dieser Bekämpfung:

  • Verhinderung oder Verminderung des Frühjahrsbefalls,
  • Verminderung des Populationsaufbaus im Sommer, wodurch vorhandene Raubmilben den Befall leichter unter der Schadensschwelle halten können.
  • Die Mittel sind raubmilbenschonend.
  • Die Gefahr der Resistenzbildung ist nicht gegeben.

Wird während der Vegetationsperiode (ES 12 bis 81) die Schadensschwelle überschritten, sollte ein zugelassenes Akarizid eingesetzt werden. Neben den angegebenen wirtschaftlichen Schadensschwellen ist es auch möglich, die Schadensschwelle nach der Besatzziffermethode zu ermitteln. Hierzu werden nicht die einzelnen Spinnmilben gezählt, sondern festgestellt, ob ein Blatt von Spinnmilben besiedelt ist oder nicht (Befall = mindestens 1 Milbe pro Blatt). Danach ist die Schadensschwelle erreicht wenn:

  • nach der Blüte 70 % der Blätter
  • vor Traubenschluss 50 % der Blätter
  • bei der Abschlussspritzung 30 % der Blätter

befallen sind. Ähnlich wie die Botrytis können auch Spinnmilben aufgrund ihres enormen Vermehrungspotenzials schnell Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe aufbauen. Deshalb ist auch hier Wirkstoffwechsel unbedingt erforderlich.
Indikationszulassung aus PS Info für den Weinbau.

Bekämpfung im Gewächshaus

Die international beherrschende Methode der Spinnmilben-Bekämpfung im Gewächshaus ist der Einsatz von Antagonisten (Nützlinge). Dazu werden vorwiegend Raubmilbenarten eingesetzt, die sich ausschließlich von Spinnmilben ernähren:


Quellen

  • Werner Dahlbender und Günter Hensel (2010): Pflanzenschutz in Süßkirschen. DLR Rheinpfalz, Kompetenzzentrum Gartenbau. Oppenheim. 
  • B. Altmayer, B. Fader, M. Harms, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2010): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 6. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße. 
  • Georg Vogel (1996): Handbuch des speziellen Gemüsebaues. Ulmer Verlag. Stuttgart. ISBN 3-8001-5285-1

Weblinks