Birnenunterlagen

Aus Hortipendium
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Der Birnenanbau hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Dabei stehen alle Maßnahmen im Vordergrund, die dazu führen, dass früh einsetzende, hohe und gleichmäßige Erträge mit besten Qualitäten erreicht werden. Dazu zählt unter anderem die Auswahl der Unterlage. In Europa spielen für den Birnenanbau zwei Unterlagengruppen eine Rolle: die Sämlingsunterlagen und die Quittenunterlagen.

Sämlingsunterlagen

Die wichtigsten Sämlingsunterlagen:

Sämlinge von Pyrus communis haben und hatten nicht nur Nachteile in der Birnenproduktion. Ihre Voteile sind die bessere Verträglichkeit mit allen Edelsorten und die geringe geringe Anfälligkeit auf Kalkchlorosen.

Die größten Nachteile der Sämlingsunterlagen waren bisher der sehr starke Wuchs, die Tendenz zur Kleinfrüchtigkeit und die Anfälligkeit gegen Birnenverfall (Peardecline. Ziel neuer Züchtungen war es, neue Unterlagen zu finden, die resistent gegen Feuerbrand sein sollten und einen deutlich schwächeren Wuchs zeigen sollten.

Quittenunterlagen

Die wichtigsten Quittenunterlagen:

Im modernen Birnenanbau spielen derzeit fast nur Quittenunterlagen (Cydonia oblonga) eine Rolle. Neben den bekannten Vorteilen, wie z.B. schwächerer Wuchs mit den Edelsorten, früherer Ertragsbeginn oder größeren Früchten, gibt es aber auch einige Nachteile.

  • die Verträglichkeit (Affinität) ist nicht mit allen Sorten gegeben, z.B. mit Kaiser Alexander, Williams u.a. – siehe hierzu Darstellung ‚Verträglichkeit von Birnensorten mit Quittenunterlagen’. Die Unverträglichkeit zwischen Quittenunterlagen und den Edelsorten kann man sehr schön an den Stammquerschnitten (siehe Bilder ) erkennen.
  • auf Kalkböden reagierten sie stark mit Chlorose;
  • die Streubreite im Wachstum zwischen den verschiedenen Quittentypen ist zu gering, um eine gute Auswahl für die verschiedensten Bodentypen und Klimabedingungen zu haben;
  • die Standfestigkeit ist nicht immer zufriedenstellend;
  • die Resistenz gegen Winterkälte ist oft gering, wie es sich im Winter 1985 zeigte. Gefährdet sind vor allem Junganlagen. Sie sollen im Winter mit Stroh abgedeckt werden. Quitte C ist am frostgefährdetsten.

Nach der Herkunft der Quitten werden folgende Gruppen unterschieden:

  • Quitte von Angers
    • Quitte A: in East Malling selektioniert
    • Quitte ADAMS: stammt aus Belgien
    • Quitte SYDO: wurde von der Baumschule Lepage und der Versuchsstation INRA in Angers selektioniert.
  • Provence Quitten - Diese sollen etwas frosthärter sein als die Quitte von Angers. Eine neuere Selektion aus der Quitte der Provence ist BA 29.
  • Quitte C - wurde ebenso in East Malling selektioniert. Diese Unterlage hat kleinere Blätter und lässt sich in keiner der vorhin genannten Gruppen einstufen


Verträglichkeit von Birnensorten mit Quittenunterlagen
gut mäßig bis gut schlecht

Gellert's Butterbirne
Vereinsdechantsbirne
Pierre Corneille
Old Home
Flemish Beauty

Alexander Lukas
Conference
Condo
Concorde
Gute Luise
Gräfin von Paris
Frühe von Trevoux
Merton Pride

Williams Christbirne
Kaiser Alexander (Bosc's)
Clapps Liebling
Bristol Cross
Köstliche von Charneux
Triumph de Vienne
Verdi

Eigenschaften von Birnenunterlagen

Kälteresistenz Verträglichkeit Wuchsstärke Ausläuferbildung Kalktoleranz Produktion pro Baum
Sämling gut 5 5 groß gut 3
OHF-Sämling gut 5 4 selten gut 3
Pyrodwarf mittel 5 3 wenig gut 4
Provence-Quite mäßig 3 3 mittel schlecht 4
BA 29 mäßig 3 3 mittel gut 4
Quitte A mäßig 2 - 3 2 - 3 mittel schlecht 4
Quitte Sydow mäßig 3 2 - 3 mittel schlecht 4
Qitte Adams gering 3 2 viel schlecht 4
Quitte C gering 3 1,5 - 2 wenig schlecht 4 - 5
1 = unbefriedigend, 3 = befriedigend, 5 = sehr gut bzw. sehr stark

Anfälligkeiten von Birnenunterlagen

Luftwurzeln Ausläufer Staunässe Kalk Winterfrost Phytophtora Wurzelfäule Wurzelkropf Feuerbrand Virus Peardecline Blutlaus Nematoden
Quitte A ± - + ± - ± - + ± + - - ± + + ±
Qitte Adams ± - - + ± - ± - + ± + ± - ± ± + + ±
Quitte C ± - ± + ± - ± - + ± + - ± ± + + ±
Quitte Sydow ± ± + - ± - + ± + - ± ± + + ±
Quitte BA 29 ± ± + ± ± - + ± + - ± + ± + + ±
OHF-Sämling + + ± - + + ± ± + ± + - + ± ± - -
Sämling + + ± ± + + ± + - - - ± - - -
+ kaum anfällig,  ± mittel anfällig,   - anfällig

Wuchsstärke von Birnenunterlagen

Gruppe
1 = sehr schwach   9 = sehr stark
Standardunterlage Neue Unterlage
1
2 RV 139 F
US 309 USA
3 C 143, 145 B
QR 193 – 16 GB
P. fauriei CAN
4 Quitte C GB C 132 GB
G 54 – 11 F
OPR 211 USA
PiR 4, PiR 21c D
5 Quitte Adams B G 28 – 152 F
RV 134 F
CTS 212, CTS 214 J
OPR 26, OPR 249 USA
6 Quitte A GB
Quitte Sydo F
G 28 – 119, G 28 – 120 F
OH 11 F
K 15 F
NZ 1/9 NZ 1/12, NZ 6/12 NZL, NL 6/20m NZ 10/14 NZL
OHF 130 USA
CA 7, CA 15, YUG

Pyrodwart D

7 Quitte der Provence
BA 29 F
OHF 333 Brokmal USA
D 6 AUS
BH 15, OH 20, K 14, F 26 F
C 84 GB
P6 S 7/9 J
OHF 34, OHF 51, OHF 69,OHF 87, OHF 217 USA

BP 1, BP 11, BP 22, BP 27 SA

8 Kirchensaller Mostbirne D RV 113, BH 13, OH 33 F
OHF 18, OHF 40, USA
OHF 198 u.a. USA
BP 2, BP 3 SA
9 OPR 260, OPR 261 USA
B 14, B 18 SA

Herkünfte

Unterlage Land Herkunft
Pyrodwarf (D) Old Home x Gute Luise
Pi-BU 1 (D) Clapps Liebling x Pyrus longipes
Pi-BU 2 (D) ??
Pi-BU 3 (D) Pyrus longipes frei abgeblüht
Pi-BU 4 (D) ??
Pi-BU 5 (D) Pyrus sinaica x Pyrus pyrifolia
Pi-BU 6 (D) Pyrus Bretschneider x Pyrus sinaica
Pi-BU 7 (D) Pyrus serontina frei abgeblüht
Quitte W2 (USA) Selektion aus Quitte von Orleans
Quitte W4 (USA) Selektion aus Quitte von Orleans
OHxF Serie (USA) Old Home x Farmingdale
Farold 69 Daynir
Farold 87 Daytor
Farold 40 Daygon
OHF 333
OHF 51
OPR 26 (USA) Pyrus calleriana
OPR 264 (USA) Pyrus betalaefolia
OH 11 (F/USA) Old Home
OH 20 (F/USA) Old Home
OH 30 (F/USA) Old Home
Quitte Sigwa 1 (Polen)
Quitte CTS 212 (J) Selektionen
Quitte CTS 214 (J) Selektionen
Fox 11 (J) Birne Lokalsorte frei abgeblüht
Fox 16 (J) Lokalsorte frei abgeblüht
Quitte 132 (GB) Selektion aus kaukasischer Qu.
Quitte QR 193 (GB) Provence-Quitte frei abgeblüht
Quitte GS 4-62 (RO) Selektionen
Quitte GS 1-60 (RO) Selektionen
Melitapolskaya (RU) Quitten-Selektionen
Severnaya (RU) Quitten-Selektion
BP 1 S-Afrika Kieffer frei abgeblüht
BP 2 S-Afrika Kieffer frei abgeblüht
BP 3 S-Afrika Kieffer frei abgeblüht


Versuchsergebnisse aus Ahrweiler

In Versuchen an der SLVA Ahrweiler wurde der Frage nachgegangen, welche der gängigen Unterlagen für einen modernen Birnenanbau geeignet ist. Hierzu wurden die Sorten 'Willimas Christbirne', 'Conference' M 202 und 'Alexander Lukas' im Herbst 1993 auf den Unterlagen Quitte A, Quitte Adams, Quitte C, Quitte C mit Zwischenveredlung OHF 333, Farold 69 und Farold 40 gepflanzt. Der Pflanzabstand ist einheitlich 3,50 x 1,50 m. Exemplarisch sollen hier die Zwischenergebnisse bei den Sorten 'Alexander Lukas' und 'Conference' dargestellt worden. Bei 'Alexander Lukas' brachte die Unterlage Quitte Adams und Farold 40 bisher die höchsten Erträge, gefolgt von Quitte C mit der Zwischenveredlung OHF 333. Quitte A und C liegen auf gleichem Ertragsniveau. Die Unterlagen OHF 333 und Farold 69 fallen deutlich ab. Neben den kg-Erträgen ist das Fruchtgewicht von entscheidender Bedeutung. 'Alexander Lukas'-Früchte sollten ein Mindestgewicht von etwa 180 – 200 g haben. Dies wurde von fast allen Unterlagen erreicht.

Bei der Sorte 'Conference' sind die Anfangserträge bei Quitte Adams und Farold 40 am höchsten. Quitte C mit Zwischenveredlung OHF 333 liegt ertragsmäßig auf glei-chem Niveau. Quitte A und C folgen, während OHF 333 und Farold 69 nicht über-zeugen können. Die Fruchtgröße war nur bei Quitte A und Adams zufriedenstellend. Auffallend war, dass bei OHF 333 und Farold 69 trotz geringer Erträge und Frucht-zahlen das Fruchtgewicht auch gering war.

Wenn wir den Stammdurchmesser als ein Maß für die Wuchsstärke betrachten, fällt es auf, dass sowohl bei 'Alexander Lukas' als auch bei 'Conference' die Qittenunterlagen deutlich schwächer waren als die Kombinationen mit den Sämlingsunterlagen der OHF-Serie. Die Kombination Alexander Lukas mit Quitte C bleibt gegenüber der Quitte A und auch Quitte Adams um etwa 10 – 15 % im Wuchs nach 6 Jahren zurück. Gegenüber den OHF-Sämlingen sind dies sogar 30 – 35 % Wuchsreduktion. Ähnlich verhält es sich bei der Sorte 'Conference'.

Entscheidend ist es, das Wachstum in Relation zum Ertrag zu sehen. In den Grafiken "Wachstum und Ertrag" sind die kumulierten Erträge in Bezug auf Kronenvolumen und am Stammdurchmesser dargestellt. In Bezug auf den Ertrag je m³ Kronenvolumen stellen sich bei Alexander Lukas besonders die Unterlagen Quitte Adams, C bzw. (mit Zwischenveredlung OHF 333) besonders positiv dar. Die Birnenunterlagen der OHF-Serie fallen deutlich ab. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn wir den Ertrag auf den cm Stammdurchmesser berechnen. Schlusslicht ist jeweils die Birnenunterlage OHF 333 (Brokmal).

Bei der Sorte 'Conference' liegt die Quitte C deutlich in Front, wenn wir die spezifi-schen Erträge auf den m³ Kronenvolumen beziehen. Quitte Adams, Quitte C mit Zwischenveredlung und Farold 40 folgen auf den nächsten Plätzen, Schlusslicht ist die Unterlage OHF 333. Sie ist nicht in der Lage, den starken Wuchs in Ertrag umzusetzen.

Fazit

Nach den ersten Ergebnissen ist unter den vorgegebenen Standortbedingungen in Holzweiler der Quitte Adams bei den Sorten 'Alexander Lukas' und 'Conference' der Vorzug zu geben. Die relativ fruchtbare Kombination mit Farold 40 ist für Intensivan-lagen zu stark wachsend. Für beste Standorte ist Quitte C sicherlich interessant, wo-bei die Zwischenveredlung besser abschneiden kann. Quitte A wird auch weiterhin für Nachbau oder schwächere Böden als eine Alternative anzusehen sein, zumal sie am stärksten vermehrt und veredelt wird.


Quellen

H.J. Weber (2007): Birnenunterlagen – keine M 9 in Sicht. DLR Rheinpfalz. Ahrweiler.