Verschiedensamige Melde

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Verschiedensamige Melde
Atriplex micrantha
Atriplex micrantha-Schlaghecken--08.JPG
Blick auf die Autobahn A65
Systematik
Klasse Bedecktsamer
Magnoliopsida
Gruppe Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Kerncaryophyllales
Ordnung Nelkenartige
Caryophyllales
Familie Gänsefußgewächse
Chenopodiaceae
Gattung Melde
Atriplex


Verschiedensamige Melde erobert Autobahnen

Atriplex micrantha ist eine Meldenart, die viele Menschen immer wieder sehen aber vermutlich nicht als solche erkennen. die Pflanzen stehen heutzutage (2012) millionenfach über hunderte von Kilomter auf dem Mittelstreifen unserer Autobahnen. So z.B. an der A61 von Venlo, Köln,Koblenz bis Speyer.
Die Bilder zeigen Meldenbestände an der Autobahn A65 bei Neustadt/Wstr.-Haßloch. Atriplex micrantha ist eine Invasionspflanze bzw. Neophyt, die inzwischen Mittelauropa erobert hat.
Atriplex micrantha eine Invasionspflanzen!
Nach jahrelanger Forschungsarbeit im Bereich der Invasionsbiologie schreibt Gregor Schmitz vom Botanischen Garten in Konstanz in seinem Führer zur Abteilung Invasionsbiologie.: "Manche eingeschleppte Pflanzen folgen - begünstigt durch Fahrwind und Bodenbearbeitung - den Autobahnen und wachsen hier am Seitenrand und auf dem Mittelstreifen in kilometerlangen Bändern. So haben die Verschiedensamige Melde (Atriplex micrantha) und das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens) in Mitteleuropa schnell an Areal gewonnen. [1]

Botanik: Atriplex micrantha

Die Verschiedensamige Melde (Atriplex micrantha) gehört wie Spinat, Rüben und Gänsefuß zu der Familie der Gänsefußgewächse. Im Gegensatz zum Gänsefuß (Chenopodium) bilden die Pflanzen männliche und weibliche Blüten an einer Pflanze aus. Die Pflanzen werden, wie die Abbildung zeigt, sogar an den weniger optimal erscheinenden Autobahn-Standorten bis zu 2 m und höher. Die "Verschiedensamige Melde" ist eine einjährige krautige Pflanze. Die straff aufrecht wachsenden, gerippten Stängel sind sparrig verzweigt und haben abstehenden Äste. An großen, älteren Pflanzen, verfärbt sich der Stängel im unteren Bereich z.T. rötlich. Die Blätter sind meist dreieckig, z.T. spießförmig.
Die Namensgebung verlief nicht problemlos. Laut Michaell Hassel in der "Flora von Deutschland-Eine Bilder-Datenbank" gibt es folgende Synonyme:

  • Atriplex heterosperma Bunge
  • Atriplex hortensis ssp. heterosperma (Bunge) Meijden


Detailbilder von der "Verschiedensamigen Melde"


Atriplex micrantha im Botanischen Garten Konstanz

Wer unsicher ist wie die "Verschiedensamige Melde" aussieht, kann sich die angebauten Bestände im im Invasionsbiologischer Lehrpfad im Botanischen Garten der Universität Konstanz. während der Saison in den verschiedenen Stadien von der Junpflanze bis zur samenbildenden Pflanze ansehen.


Ökologische Zeigerwerte der Gattung Atriplex

Atriplex micrantha wächst nicht ohne Grund so massenhaft entlang der Autobahnen. Offensichtlich fühlt sie sich dort sehr wohl. Eine Besonderheit des Standortes ist der erhöhte Salzgehalt im Boden.

Da Atriplex micrantha nicht aufgeführt sind, sind die Synonyme: Atriplex heterosperma und Atriplex hortensis zu beachten.


Verbreitungskarten von Atriplex micrantha


Verwechselung mit mit Atriplex sagittata

Laut Oliver Christopher Schwarz kann man die Verschiedensamige Melde (Atriplex micrantha) mit der eng verwandten Glanz-Melde (Atriplex sagittata) verwechseln. Nähere Details mit einer Pflanzenbeschreibung Wikipedia Glanz-Melde.


Forschungsergebnisse von Oliver Christoph Schwarz

Auszug von seiner Arbeit an der Universität Stuttgart, Biologisches Institut, Abteilung Botanik (2004) mit dem Titel: "Beiträge zur Biologie, Chorologie, Ökologie und Taxonomie der neophytischen Melde Atriplex micrantha und verwandter Arten".

Die gültige Nomenklatur wurde für A. micrantha ermittelt. Zur Erfassung der morphologischen Variabilität wurden A. micrantha u.a. an verschiedenen Standorten kultiviert und makroskopisch erkennbare Merkmale sowie deren Variabilität genau protokolliert. Bei A. micrantha unterscheiden sich Pflanzen, welche aus Samen von Jerevan (Armenien)und solche, die von Baden-Württemberg herangezogen worden waren, deutlich.
Die Melde Atriplex micrantha C.A.Mey. in Ledeb. ist ein Neophyt, welcher sich in Deutschland in den letzten Jahren auffällig stark an Autobahnen und Bundesstraßen – vorwiegend an den Mittelstreifen – ausgebreitet hat. Es wird nachgewiesen, dass A. micrantha in Mitteleuropa seit fast hundert Jahren vorkommt. Die möglichen Einschleppungswege in das früheste Fundgebiet in Mitteleuropa, das Elsaß, werden unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse untersucht. Als wahrscheinlichster Weg werden Getreidelieferungen aus dem russischen Schwarzerde-Gebiete angenommen. Die nomenklatorische Verwirrung bei A. micrantha geht auf die Sammelexkursion von 1826 zurück.
Die Klimaverhältnisse und die ökologischen Gegebenheiten im Heimatgebiet von A. micrantha werden dargestellt und in Verbindung mit dem Vorkommen der Art in Mitteleuropa gebracht. Im natürlichen Areal kommt die Art vor allem an schwach versalzenen und zeitweilig feuchten Standorten im ariden Klimabereich vor. In Mitteleuropa sind es bevorzugt Straßenränder wechselfeuchter Standorte mit zeitweiliger Salzbelastung.
Zur näheren Charakterisierung dieser mitteleuropäischen Standorte werden Untersuchungen zu Keimverhalten, Salztoleranz der Samen und der Pflanzen, zum Wassergehalt und zur Überlebensstrategie der Diasporen vorgelegt. Zum Vergleich dienen Untersuchungen an den Arten A. hortensis, A. sagittata und A. aucheri. Hemmstoffe in den Vorblättern, zwischen denen die Früchte auch nach der Reife eingeschlossen bleiben, bewirken bei den braunen Samen eine Keimverzögerung. Die Hemmstoffe sind wasserlöslich, daher ist die Keimung brauner Samen abhängig von der (Regen-) Wassermenge. Keimung: Die braunen Samen keimen bereits bei + 2°C. Atriplex-Arten bilden zweierlei Samen aus; die dickschaligen Samen sind erst ab dem zweiten Jahr keimfähig. Dies wird als Strategie zum Überdauern ungünstiger Bedingungen angesehen. Die dünnschaligen braunen Samen sind hingegen sofort keimfähig. Samen von A. micrantha zeigen bei höheren Salzgehalten des Substrates Keimhemmung;beim Keimungsvorgang jedoch eine erhöhte Salztoleranz (bis 2%iger Salzlösung), welche aber geringer als bei A. hortensis und A. sagittata ist. In Abhängigkeit vom Standort können A. micrantha und A. aucheri Sonnen- oder Schattenpflanzen ausbilden.
Die Photosyntheseleistung (Nettophotosyntheserate) ist bei A. micrantha relativ hoch; sie liegt im oberen Bereich der Werte für eine krautige C3-Pflanze trockener Standorte. Die Wuchsleistung von A. micrantha ist auf salzarmen Böden am höchsten; die Art ist also ein fakultativer Halophyt bzw. eine halotolerante Art. Das kritische Wassersättigungsdefizit liegt bei Sonnenpflanzen von A. micrantha bei 28,5%; die Art erträgt also starke Wasserverluste. Nur Sonnenpflanzen von A. aucheri besitzen noch niedrigeres krititsches Wassersättigungsdefizit (17,8%), während für A. hortensis. die Werte jeweils um 44% liegen. Schon geringe Zunahme des Kochsalzgehaltes im Boden führt zu einem deutlichen Anstieg des Aschegehaltes. Eine Prüfung der hochwüchsigen Arten A. micrantha und A. hortensis auf ihren Wert als Futterpflanzen erbrachte wegen der hohen Aschegehalte (auch von Pflanzen in Gartenerde) nur geringe Wertigkeit. Auch infolge der hohen Oxalat-Konzentrationen sind die Arten als Viehfutter kaum geeignet. Die Gattung Atriplex gilt als sekundär zur Windbestäubung zurückgekehrte Gruppe. Dennoch konnte dokumentiert werden, dass das noch vorhandene Nektar- und Pollenangebot von Wildbienen, Ameisen, Schwebfliegen und Fransenflügler genutzt wird."


Siehe auch in Hortipendium


Literaturrecherche


Einzelnachweise

  1. Gregor Schmitz: Pflanzen die Verkehrswegen folgen. In: Führer zur Abteilung Invasionsbiologie. Auflage 2, Juni 2009, S. 4


Weblinks