Anwendungsverbote nach §12(2)PflSchG

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Nach § 12 Abs. 2 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel (dazu zählen auch Herbizide) nicht angewendet werden auf

  • Befestigten Freilandflächen
  • Sonstigen Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden
  • Flächen in oder unmittelbar an oberirdischen Gewässern und Küstengewässern


Was sind Freilandflächen?

Definition Freilandflächen laut § 2 PflSchG Punkt 15: „die nicht durch Gebäude oder Überdachungen ständig abgedeckten Flächen, unabhängig von ihrer Beschaffenheit oder Nutzung; dazu gehören auch Verkehrsflächen jeglicher Art wie Gleisanlagen, Straßen-, Wege-, Hof- und Betriebsflächen sowie sonstige durch Tiefbaumaßnahmen veränderte Landflächen“

Abgeleitet von den obigen Definitionen zählen folgende Beispiele zu den befestigten Freilandflächen:

  • Verkehrswege im weitesten Sinne (Straßen, Wege und Plätze, Gleis- und Hafenanlagen, Flughafengelände)
  • Industrie- u. Gewerbegelände (einschl. Tanklager, Gasanlagen, Energieversorgungs- und Telekommunikationsanlagen)
  • Parkplätze, Garageneinfahrten
  • Hofflächen
  • Verkehrsinseln (ohne regelmäßige gärtnerische Nutzung)

Ähnlich lassen sich die sonstigen (unbefestigten) Freilandflächen ohne gärtnerische/landwirtschaftliche/forstwirtschaftliche Nutzung beschreiben:

  • Straßenbegleitgrün
  • Feldraine
  • Feldwege
  • Böschungen
  • Feldgehölze / Hecken
  • Flächen für Ausgleichsmaßnahmen


Ausnahmen der Anwendungsverbote

Ausnahmen von den obigen Verboten bedürfen einer Genehmigung nach § 12 (2): "Die zuständige Behörde kann unter folgenden Voraussetzungen Ausnahmen für die Anwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel genehmigen:

  • wenn der angestrebte Zweck vordringlich ist",
Beispiele:
  • Unfallgefahr
  • Sicherstellen der Verkehrs- und Betriebssicherheit
  • Brand- und Explosionsgefahr baulicher Anlagen bzw. gelagerter Materialien
  • Sicherheit militärischer Anlagen
  • Gefährdung erheblicher Sachwerte
  • Pflanzen, die eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die heimische Fauna darstellen
  • "und mit zumutbarem Aufwand auf andere Art nicht erzielt werden kann"
Beispiele:
  • Ein höherer Aufwand bis zur Grenze des wirtschaftlich vertretbaren ist zumutbar
  • Im Antrag ist zu begründen, warum Mehraufwand unzumutbar ist
  • Nicht zumutbar bei Anlagen, die bauartbedingt nicht begehbar sind (z.B. Teile von Energieversorgungsanlagen)
  • Welche alternative Verfahren hat der Antragsteller bisher geprüft?
  • Alternative Verfahren sind je nach Flächenbeschaffenheit z.B. Heißschaumverfahren, Bürsten- oder Rotorgeräte, Infrarottechnik, Heißdampfverfahren, Abflammgeräte
  • "und überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, nicht entgegenstehen."
Beispiele:
  • Wasserschutz muss gewährleistet sein (Grundwasser, Oberflächenwasser, Abwasser, Kläranlagen, Niederschlags- und Überschwemmungswasser)
  • Probleme ergeben sich insbesondere bei befestigten Flächen, drainierten Flächen, im Bereich von Kanalanschlüssen, Abwassergräben an Wegen, an Bachläufen (bei Riesenbärenklau!)
  • Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, geschützte Landschaftsteile, geschützte Biotope, Saumstrukturen ...

Die zuständige Behörde ist verpflichtet, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit jährlich über die erteilten Genehmigungen zu unterrichten.

In Rheinland-Pfalz ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier die zuständige Behörde für Genehmigungsanträge zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf nicht Nichtkulturland-Flächen. (Link zum Antragsformular)


Weitere Voraussetzungen für eine Genehmigung:

  • Ausbringung durch sachkundige Personen
  • Einhaltung der guten fachlichen Praxis
  • Indikation muss vorhanden sein
  • Beachten der Anwendungsverbote (Glyphosat), Anwendungsbeschränkungen und Auflagen, z.B. NT-Auflagen (Auflagen zum Schutz von Nichtziel-Organismen)
  • Anzeigepflicht nach §10 PflSchG erfüllt (Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für andere (Dienstleister))
  • Lagepläne, Karten und/oder Fotos, genaue Bezeichnung der Flächen (Gemarkung, Flur, Flurstücknr.)
  • Bekämpfungskonzept für die Bekämpfung von Riesenbärenklau
  • Genaue Angaben über Gewässer, Entwässerung, Abflusseinrichtungen
  • geschützte Landschaftsbestandteile etc. (Verlauf und Entfernung)


Welche Flächen sind genehmigungsfähig?

Im Folgenden werden Beispiele aufgeführt, welche Flächen im kommunalen Bereich a) genehmigungsfrei sind, b) einer Genehmigung bedürfen oder c) nicht genehmigungsfähig sind.

Wichtig: Bei Unsicherheit bitte Expertenmeinung einholen! In Rheinland-Pfalz ist die ADD Trier der zuständige Ansprechpartner.


Zu a) Keiner Genehmigung bedürfen: Alle regelmäßig gärtnerisch betreuten Flächen, z.B.

  • öffentliche Grünanlagen (Parks, Ziergärten, Bepflanzungen)*
  • begrünte bzw. regelmäßig gärtnerisch gepflegte Sportanlagen*
  • regelmäßig gärtnerisch gepflegte Erholungseinrichtungen (Spiel- und Liegewiesen)*
  • Friedhöfe*
  • Haus- und Kleingärten

(*) Bei diesen regelmäßig gärtnerisch genutzten Flächen sind aber zusätzlich die gesetzlichen Regelungen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen für die Allgemeinheit nach § 17 PflSchG zu beachten.

Zu b) Genehmigungsfähig nach § 12 Abs. 2 PflSchG sind:

  • Schienenwege (begrenzt auf Gleisbettung, Schotterflanken, Randwege)
  • Hafenverkehrsflächen (soweit aus Hafensicherheitsgründen erforderlich)
  • Flugbetriebsflächen (soweit zur Aufrechterhaltung der Flugsicherheit notwendig)
  • Anlagen des Militärs, der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerkes, des Bundesgrenzschutzes (soweit dies zur Aufrechterhaltung der militärischen oder inneren Sicherheit sowie der Gefahrenabwendung notwendig ist)
  • Anlagen der Energieversorgung (Umspannanlagen, Ortnetzstationen, sowie bekieste Flächen innerhalb von Schutzvorrichtungen, die bauartbedingt beim Betrieb nicht begehbar sind)
  • Sendeanlagen der Post, Rundfunk- und Fernsehanstalten
  • Flächen, die an Rohrtrassen, Ölförderstellen, Raffinerien, Depots angrenzen (Anlagen mit besonderer Korrosions-, Brand- und Explosionsgefahr)

Nur in besonders begründeten dringenden Einzelfällen genehmigungsfähig:

  • Straßen- und Wirtschaftswege mit einer wassergebundenen oder festen Decke
  • Mittel- und Seitenstreifen, Straßenbegleitgrün soweit nicht gärtnerisch genutzt
  • Hof- und Betriebsflächen
  • Schulhöfe, Kinderspielplätze, umgrünten Sandspielplätze und umgrünte Schwimmbäder
  • Sportanlagen, die nicht überwiegend begrünt sind, soweit eine bestimmungsgemäße Nutzung das Freisein von Bewuchs voraussetzt (in Sonderfällen wie z.B. Sanierungsmaßnahmen)
  • Böschungen
  • Bahndämme
  • Wege für den Erholungsverkehr
  • Rast- und Parkplätze
  • Landschafts- und Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, Biotope
  • Unland (langfristig nicht bewirtschaftete Flächen)

Zu c) Nicht genehmigungsfähig sind:

  • Gewässerflächen und Flächen unmittelbar an oberirdischen Gewässern
  • Flächen, von denen die Gefahr eines Eintrags von Pflanzenschutzmitteln in Gewässer besteht
  • Sonstige nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Freilandflächen, über die eine Entwässerung in oberirdische Gewässer oder die Kanalisation stattfindet

Quellen